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Sport: Abgründe vor Bergidylle

Radsport-Chef Pat McQuaid beschäftigt sich beim Giro mit den Folgen aus Landis’ Doping-Geständnis

Berlin - Die steilen, mit Schnee bedeckten Gipfel bildeten einen traumhaften Rahmen für die 16. Etappe des Giro d’ Italia. Vom blauen Himmel sandte die Sonne wärmende Strahlen, der auf halber Höhe von zottigen Mufflons gesäumte Anstieg zum auf 2273 Meter gelegenen Kronplatz bot das Ambiente, Blaskapellen sorgten für Stimmung. Nur einer wollte sich dieser Idylle nicht ganz anpassen: der Auftritt von Pat McQuaid.

Der Präsident des Radsport-Weltverbandes (UCI) musste vor dem beeindruckenden Bergpanorama in die Abgründe seines Sports hinuntersteigen. Bravourös meisterte er noch das Thema um den nur in Italien wegen Dopings gesperrten Alejandro Valverde. „Wenn es nach mir ginge, würde ich das volle Strafmaß bis zu vier Jahren ausschöpfen“, sagte er und gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass der Sportgerichtshof Cas noch Ende des Monats eine solche Entscheidung trifft. Etwas ins Straucheln geriet er bei der Causa Floyd Landis.

Anstatt sich über die späte Wendung zur Ehrlichkeit des Amerikaners zu freuen, kritisierte er zunächst dessen vier Jahre währendes Schweigen. Immerhin äußerte er, dass auf Initiative der UCI der US-Radsportverband ein Verfahren gegen Lance Armstrong und George Hincapie, der kanadische eines gegen Michael Barry und der australische gegen Matthew White einleiten werde. Diesen Fahrern hatte Landis Doping vorgeworfen. Außerdem werde der belgische Radsportverband gegen den früheren Teamchef von Discovery Channel, Johan Bruyneel, und der französische gegen John Lelangue, Ex-Teamchef von Phonak, vorgehen. Die Leitung beider Teams hatte Landis als Doping-Organisatoren angeklagt. Alle bestreiten die Vorwürfe Landis’.

Nach einem Bericht der „New York Times“ werden die Ermittlungen nach Landis’ Geständnis in den USA auch auf die Punkte Betrug und Verschwörung ausgeweitet. Die Zeitung beruft sich auf zwei in die Untersuchungen eingebundene Personen. Dabei gehe es unter anderem darum, ob Geld des Postdienstleisters US Postal dazu genutzt wurde, Dopingmittel für die Fahrer des Teams zu besorgen. Die Firma war von 1996 bis 2004 Hauptsponsor der Mannschaft um den siebenmaligen Tour-de-France-Sieger Armstrong.    

Die Untersuchungsbeamten in den USA wollen sich auch mit einem Vertrag zwischen Armstrong und der Firma S.C.A. Promotions beschäftigen. Letztere hatte sich 2004 geweigert, einen Bonus von fünf Millionen Dollar an den Amerikaner zu zahlen, nachdem dieser in einem Buch des Dopingmissbrauchs beschuldigt wurde. Armstrong hatte daraufhin S.C.A. Promotions verklagt. Die Agentur musste letztlich die fünf Millionen Dollar sowie zusätzlich eine Strafe von zweieinhalb Millionen Dollar zahlen.

Unglaubwürdig wirkte McQuaid allerdings beim Versuch, seinen Vorgänger Hein Verbruggen von Landis’ Vorwurf zu entlasten, gegen eine Geldzahlung eine positive Dopingprobe Armstrongs bei der Tour de Suisse 2001 vertuscht zu haben. McQuaid brachte einiges Papier auf den Kronplatz, das deutlich machen sollte, dass zwischen 2001 und 2003 keine einzige positive Kontrolle manipuliert worden sein konnte. Eine 100 000 Dollar-Spende Armstrongs an die UCI weist aber Merkwürdigkeiten auf. Angeblich soll Armstrong die Spende nach einem Besuch im neu eröffneten UCI-Trainingszentrum in Aigle im Jahr 2002 zugesagt haben. Armstrongs Management hatte das Geld aber erst 2005 überwiesen. Da bleiben Fragen zur Buchführung im Hause UCI offen.

Beim Giro führte vor der 17. Etappe (nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe beendet) der Spanier David Arroyo vor Ivan Basso, auf Platz vier folgt der Australier Cadel Evans. „Ein guter Tag für mich“, bilanzierte der favorisierte Italiener Ivan Basso nach der 16. Etappe, „ich habe gegenüber Sastre und Arroyo gewonnen und gehe voller Optimismus in die nächsten Tage“. Der ehemalige spanische Toursieger Carlos Sastre verlor erneut mehr als eine Minute auf seine härtesten Konkurrenten und ist endgültig aus dem Kampf um den Rundfahrtsieg herausgefallen. mit dpa

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