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Diese Faust kann weh tun! Arthur Abraham zeigt seine wichtigste Waffe.

© dapd

Abraham vs. Stieglitz: Puncher gegen Boxer

Es wird ernst für Arthur Abraham: Im Kampf um die WM im Supermittelgewicht am Samstagabend setzt er gegen den technisch besseren Titelverteidiger Robert Stieglitz auf seine Schlagkraft.

Ein großer Boxtrainer vergangener Tage hat mal einen Boxkampf vom physischen Aufwand her mit einem Marathonlauf verglichen. Mit dem Unterschied allerdings, dass es da noch einen in unmittelbarer Nähe gibt, der einem beim Laufen ständig mit einer Holzlatte vor Brust, Bauch und Kopf schlagen will. Boxen ist Stress für Körper und Geist. Schon deshalb werden Boxkämpfe nicht am Kopf, sondern vor allem im Kopf entschieden.

Ulli Wegner ist ein großer Trainer der Jetztzeit. Am Samstagabend steht der 70-Jährige in der Ringecke von Arthur Abraham, der in der Arena am Ostbahnhof den Weltmeister im Super-Mittelgewicht, Robert Stieglitz, herausfordern wird (22.45 Uhr, live bei ARD). Und Wegner hat seinen Boxer körperlich über Wochen getriezt, erst in Zinnowitz, später in Kienbaum, zuletzt am Kampfort Berlin. „Aber wir haben diesmal sehr viel im Mentalen gearbeitet“, sagt der Trainer. Wegner hat Abraham zu einem allseits gefürchteten Weltmeister mit mächtig Dampf in den Fäusten gemacht. Nur nützt der mächtigste Dampf nichts, wenn der Geist nicht mitspielt, „wenn man den Kampf im Kopf nicht annimmt“, wie es Wegner sagt und dabei an jene Niederlagen denkt, die seinem Schützling in jüngerer Vergangenheit dazwischen gekommen waren. „Wir haben alles getan, jetzt liegt es nur noch an Arthur.“

Einige Jahre lang konnte Abraham sich allein auf seine Schlagkraft verlassen. Im Mittelgewicht waren seine Gegner seinem Punch nicht gewachsen. Eine Gewichtsklasse höher sieht es schon anders aus. „Ich habe gelernt, dass ich wesentlich mehr schlagen muss“, sagt Abraham, der insbesondere bei seinen Niederlagen viel zu passiv boxte. An seinem heutigen Gegner schätzt er die Schlagvariabilität, allerdings nicht dessen Wucht. „Hier treffen zwei unterschiedliche Stile aufeinander“, sagte Abrahams Manager Wilfried Sauerland: Puncher gegen Boxer.

Sollte der Kampf über die Distanz gehen, sehen viele Experten Stieglitz im Vorteil, weil er der bessere Techniker ist. Abraham besitzt die größere Schlagkraft. Was also, wenn der Weltmeister eine schwere Hand Abrahams nehmen muss? „Es ist phänomenal, was er in den Fäusten hat. Ich bin sehr gespannt, wie Stieglitz auf die ersten harten Treffer reagieren wird“, sagt Wegner. Dessen Gegenüber, Stieglitz’ Trainer Dirk Dzemski, kontert mit der Bemerkung, dazu werde es erst gar nicht kommen: „Der Boxer Abraham ist völlig überbewertet. Er hat einen überschaubaren Stil. Klar, er hat seine Stärken, vor allem aber Schwächen.“

Robert Stieglitz, 31 Jahre alt, hat 42 seiner 44 Kämpfe gewonnen, davon 23 durch Knockout. Arthur Abraham ist ein Jahr älter und hat 34 seiner 37 Kämpfe gewonnen (27 Knockouts). „Ich denke, ich kann Arthur über meine Power, mit Technik und dem beständigen Druck bezwingen“, sagt Stieglitz. Abraham sagt, dass er das, was er hierzu sagen könnte, im Ring zeigen werde. Ulli Wegner sagt: „Das muss er auch. Es geht um Stolz und Ehre, und nicht um den Pfennig in der Tasche.“

Ulf Steinforth, der Manager von Robert Stieglitz, drückt etwas mit weniger Pathos aus: „Hier geht es für beide um alles. Jeder hat seine Qualität. Wir brauchen in Deutschland solche Duelle.“ Ulli Wegner nickt. Ihm imponiert der Weg des tapferen Weltmeisters aus Magdeburg, „aber Arthur wird ihm den Stecker ziehen“. Dabei habe man sich in der Vorbereitung gar nicht so sehr um Stieglitz gekümmert. Für Wegner ging es darum, jene Qualitäten seines Schützlings zu reanimieren, die diesen einst ganz nach oben führten. „Aber Arthur muss den Kampf aktiv steuern, sein Konzept durch- und natürlich seine Schlagkraft zum Tragen bringen. Kurz: Arthur muss Stieglitz zerdrücken“, sagt Wegner. Doch Wegner wird seinen Schützling an eines erinnern: Geboxt wird mit den Fäusten, gewonnen im Kopf.

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