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Noch Plätze frei. Die Formel 1 interessiert in Yeongam kaum jemanden. Foto: AFP

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Sport: Abschied vom Niemandsland

Das Rennen in Südkorea steht vor dem Aus, die Formel 1 ist nicht böse darüber.

Yeongam - Vor ein paar Jahren meinte die Formel 1, sie müsse unbedingt nach Südkorea. Hersteller und Sponsoren dachten an einen neuen Markt, Chefvermarkter Bernie Ecclestone an das Geld, das zu kassieren sein könnte. Und weil gewisse Politiker in Seoul einem Parteifreund ganz im Süden des Landes etwas schuldig waren, landete das Rennen dort, 400 Kilometer südlich der Hauptstadt, im Niemandsland von Yeongam, noch einmal 20 Minuten von der 240 000-Einwohner-Stadt Mokpo entfernt. Die hat außer Werft- und Industrieanlagen und grauen Wohnblocks auch ein paar schöne Stellen zu bieten: bewaldete Hügel mit Felskrone, Gärten und Parks. Interesse an der Formel 1 gibt es allerdings nicht – die leeren, bunten Tribünen erfreuen nur die Fotografen, die sie als farbigen Hintergrund für Fotospielereien benutzen können.

„Hier so etwas wie eine Formel-1-Kultur zu schaffen, das würde ewig dauern“, sagt Adrian Sutil stellvertretend für fast alle in der Formel 1. Dass die Koreaner dazu überhaupt noch Gelegenheit bekommen, ist freilich eher unwahrscheinlich. Denn auch wenn der lokale Promoter die Chance, den Grand Prix auch 2014 noch einmal zu bekommen, auf etwa 50:50 einschätzt: Die finanziellen Probleme sind gewaltig. Schon in diesem Jahr stand das Rennen lange auf der Kippe – und die Koreaner geben zu, dass sie von Ecclestone günstigere Konditionen verlangen, verlangen müssen. Nur: Warum sollte der sich darauf einlassen, wenn sowieso schon 22 Rennen im Kalender stehen? Zumal die vorherrschende Meinung bei den Teams eher dahin geht, dass das eigentlich ein paar zu viele sind.

Auch wenn der Kurs selbst durchaus Zustimmung im Fahrerlager findet, würden sich viele Piloten freuen, wenn sie nicht mehr nach Yeongam reisen müssten. Es ist nicht nur das alljährliche leidige Problem mit der Unterbringung in miesen Motels, die den Rest des Jahres als schmuddelige Stundenhotels dienen – Sebastian Vettels Pressesprecherin Britta Roeske brachte in diesem Jahr sogar ihre eigene Bettwäsche mit. Es sind auch die alljährlich immer wieder auftretenden Organisationsprobleme, die alle Beteiligten nerven. Ein Grundproblem: Offensichtlich will jeder in der Gegend ein Stück vom Kuchen abbekommen – mit dem Ergebnis, dass im gleichen Bereich oftmals mehrere Firmen oder Agenturen mehr gegeneinander als miteinander arbeiten. Am Mittwochabend kündigte plötzlich die komplette Tagschicht des lokalen Sicherheitsdienstes, am Donnerstag hingen dann erst einmal weiterarbeitende Nachtschicht-Mitglieder, verstärkt durch einige eigentlich als Dolmetscher eingeteilte Helfer, müde an den Kontrollposten. Am nächsten Tag löste dann eine neu engagierte Security-Firma das Problem.

Bei all den Schwierigkeiten ist es kein Wunder, dass ausländische Fans beim Korea-GP praktisch nicht vorhanden sind. „Im ersten Jahr kamen noch ein paar, aber es wurden immer weniger“, sagt So-Choung Park, die in der Tourismus-Information arbeitet. „Vielleicht hätte ein Rennen in der Nähe von Seoul, mit mehr internationalem Publikum, ein Erfolg werden können.“ So aber kommen kaum Zuschauer an die Strecke, einheimische Medien berichten nur spärlich über die Formel-1-Saison und das Rennen. Das führt dazu, dass die Einnahmen ausbleiben – und mit einer nicht geringen Wahrscheinlichkeit 2014 eben auch das Rennen selbst, auch wenn wie schon im Vorjahr der Provinzgouverneur wieder seine Runde durch Fahrerlager und Pressezentrum machte, um für positive Stimmung zu sorgen.

Yeongam wird wohl das gleiche Schicksal ereilen wie die Rennstrecke von Istanbul, die nur vier Jahre benutzt wurde und wo es ebenfalls nicht gelang, Fans anzulocken. Ähnliches steht dem indischen Grand Prix in Noida bevor, wo auch der Ärger mit der staatlichen Bürokratie und den Steuergesetzen dazu führen, dass die Teams dort nicht mehr hin wollen. Und wer bezahlt all die Kosten und Fehlinvestitionen? Im Zweifelsfall zumindest zum Teil der jeweilige nationale Steuerzahler, während die Formel 1 längst woanders Geld verdient.Karin Sturm

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