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Sport: Achterbahnfahrt im Schnee

Magdalena Neuner gewinnt nach einem schwachen Start in die Biathlon-WM Gold im Massenstart

Als der Konfettiregen über Magdalena Neuner niedergegangen und die Siegerin wieder ein wenig bei Kräften war, ließ die 21-jährige Oberbayerin auch die Außenwelt wieder an sich heran. Entschlossen zog sich die Weltmeisterin im Massenstart also ihre Stöpsel aus den Ohren – denn nun wollte sie den Jubel von der mit viel Schwarz-Rot-Gold gesprenkelten Haupttribüne richtig hören. Noch wenige Sekunden zuvor hatte sie dagegen kaum etwas gehört – aber umso mehr gefühlt.

Vor allem die Ski von Tora Berger. Mit der Norwegerin lieferte sich Magdalena Neuner gestern Nachmittag das spannendste Finish bei dieser WM – und das gleich minutenlang. „Die Berger ist mir immer von hinten auf die Skier gestiegen, das macht einen wahnsinnig“, erzählte Magdalena Neuner, nachdem sie dank ihrer technischen Überlegenheit das bessere Ende für sich hatte verbuchen können. Ganze drei Sekunden vor Tora Berger überquerte sie die Ziellinie. „Unterwegs hätte ich mich beinahe übergeben“, sagte sie. „Aber jetzt bin ich einfach überglücklich.“

Dabei peppte Frau Neuner das Drehbuch mit ihrer letzten Schießübung höchstpersönlich in Richtung Drama auf. Die Titelkämpfe von Östersund mit dem verpatzten WM-Start im Sprint, wo sie nur 17. wurde, bis hin zur Goldmedaille mit der Mixed-Staffel kamen ihr bislang wie eine Achterbahnfahrt im Schnee vor. Und auch gestern ging der Gefühlsloop weiter: Wie so oft fuhr sie mit einem beruhigenden Vorsprung zum zweiten Stehendschießen vor – doch wie so oft spielten ihr auch diesmal wieder die Nerven einen Streich. Neuner setzte ihre beiden ersten Schüsse daneben, musste dafür zwei Strafrunden drehen.

Das waren 300 Extra-Meter. Und genau in dem Moment, als Neuner ihre Zusatzschicht absolviert hatte, stürmten die allesamt fehlerfrei zielenden Konkurrentinnen Berger, Ekaterina Jurjewa und Valentyna Semerenko aus dem Schießstand heraus und hinter der Deutschen her. Als einzige Verfolgerin blieb schließlich Tora Berger übrig. Auf den letzten eineinhalb Kilometern wechselte die Führung zwischen den beiden Biathletinnen hin und her, sodass Frauen-Bundestrainer Uwe Müssiggang nach Neuners fünftem WM-Sieg, dem zweiten in Östersund, nur noch schnaufte: „So eine Schlussrunde habe ich noch nie erlebt. Besser kann man sich eine Goldmedaille nicht holen.“

Drei Sekunden schneller als Berger (ein Fehlschuss) war Magdalena Neuner (vier Fehler) letztlich – trotz der rund 75 Sekunden, die sie im Vergleich mit der Norwegerin zusätzlich mit Strafrundendrehen zugebracht hatte. Und unterschätzt hatte Deutschlands Sportlerin des Jahres 2007 ihre gestrige Widersacherin außerdem. „Ich war überrascht, dass die Berger so dagegenhalten konnte – obwohl ich weiß, was für eine Kämpferin sie ist“, sagte Magdalena Neuner und erzählte recht drastisch von ihrem Tête-à-tête mit der Skandinavierin in den schwedischen Wäldern: „Zwischendurch dachte ich einmal: Vielleicht geht sie doch kaputt. Aber sie hat sich heute einfach nicht ergeben.“

Das lag wohl auch daran, dass die 26-Jährige in Östersund bislang drei Mal ganz knapp eine Medaille verpasst hatte. In Sprint, Verfolgung und Einzelrennen war sie Vierte geworden. Das sollte ihr mit Jurjewa und Semerenko im Rücken diesmal nicht passieren. Dank ihrer Bärenkräfte blieb Berger zumindest dieses Schicksal gestern erspart.

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