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Sport: Äußere Führung

Warum die Hockey-Männer wieder gewinnen

Berlin - Die Deutschen haben den Holländern gleich mal gezeigt, dass mit ihnen diesmal zu rechnen ist. Beim Welcome Dinner in Kuala Lumpur mussten die europäischen Teilnehmer der Champions Trophy ein wenig entsetzt feststellen, dass auf den Tischen nur heimisches Wasser in offenen Karaffen stand, dazu nicht eben vertrauenerweckende Fruchtsäfte. Also haben die Europäer die Sache selbst in die Hand genommen. Ein kleiner interner Wettbewerb entbrannte, wer als Erster eine verlässliche Getränkeversorgung organisieren würde – die Deutschen gewannen. „Wir konnten die Holländer klar hinter uns lassen“, berichtet Jochen Heimpel, der Teammanager der deutschen Hockey-Nationalmannschaft.

Man mag diese Episode für eine Petitesse halten; man kann in ihr aber auch ein Zeichen für den neuen Geist entdecken, der in der deutschen Mannschaft steckt. „Niemand ist sich zu schade, seine Aufgaben zu erfüllen“, sagt Bundestrainer Markus Weise. Das wirkt. In Kuala Lumpur, beim Turnier der acht weltbesten Mannschaften, führen die Deutschen nach vier Spielen mit vier Siegen die Tabelle an. Heute treffen sie auf Holland. Die Paarung ist im Hockey von einer ähnlichen Rivalität geprägt wie im Fußball, doch Bundestrainer Weise sagt, er sei vor diesem Spiel „ganz gelassen“.

Noch vor drei Monaten, bei der Europameisterschaft in Manchester, gab die Mannschaft Weise nicht den geringsten Grund zur Gelassenheit. Nahezu apathisch fügte sie sich ihrem Schicksal. Im Spiel um Platz drei führten die deutschen Männer gegen Belgien 2:0, mit einem Sieg hätten sie die Qualifikation für Olympia geschafft – in letzter Sekunde fingen sie sich den Treffer zum 3:4. Nie zuvor war eine deutsche Mannschaft bei der Europameisterschaft so schlecht.

Nur vier Spieler aus dem EM-Kader fehlen in Kuala Lumpur, und doch ist alles anders. In Manchester verabschiedete sich Weise mit den Worten, er mache jetzt erst mal Urlaub, der Mannschaft teilte er vorher noch mit, dass er sie schon in vier Wochen wiedersehen wolle: „Dann wird es zur Sache gehen.“ Mit jedem Tag Abstand aber schwand die Erregung, am Ende bekamen beide Seiten eine einigermaßen sachliche Analyse hin. „Es gab auch Kritik an mir, das ist völlig in Ordnung“, sagt der Bundestrainer. „Aber die Spieler haben sich auch selbst in der Verantwortung gesehen und damit ihre Größe bewiesen.“

Ende des vergangenen Jahres ist Weise Nachfolger von Bernhard Peters geworden, die EM war sein erstes großes Turnier mit den Männern. Weise wollte mit aller Macht anders sein als sein Vorgänger, er wollte seinen eigenen Stil finden und der Mannschaft mehr Freiraum geben – nie hätte er erwartet, dass er die Spieler damit überfordern würde. „Ich habe die Eigenständigkeit der Jungs überschätzt“, sagt der Bundestrainer. Die Mannschaft verlangt mehr Führung von der Seitenlinie, so wie sie es von Peters gewohnt war. „Etwas mehr Ansage, etwas mehr Kontrolle, ein bisschen dominanteres Auftreten“ hat sich Weise daher verordnet.

In Kuala Lumpur testet die Mannschaft unter Realbedingungen, ob der neue Stil die erwünschten Resultate bringt. Bisher sieht es ganz gut aus, doch ernst wird es erst im April, wenn die Deutschen bei einem Turnier in Japan die zweite Chance erhalten, sich doch noch für Olympia zu qualifizieren. Es könnte also gut sein, dass die Siege bei der Champions Trophy zur Unzeit kommen. „Diese Sorge muss man immer haben“, sagt Markus Weise. Im August, drei Wochen vor der Europameisterschaft, spielte seine Mannschaft gegen Belgien. Sie gewann 6:0.

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