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Um Franz Beckenbauer (links) und Günter Netzer gibt es in der Affäre um die Vergabe WM 2006 ständig neue Enthüllungen.

© dpa

Affäre um die WM 2006: Maltas Verbandschef: 250.000 Dollar fielen vom Himmel

Maltas Verbandspräsident Norman Demajo wundert sich über ein Bayern-Freundschaftsspiel vor der WM 2006. Auch Günter Netzer gerät dabei in den Fokus.

In der Affäre um die Fußball-WM 2006 in Deutschland hat der heutige maltesische Verbandsboss Norman Darmanin Demajo seine Verwunderung über die Vereinbarung eines Freundschaftsspiels des FC Bayern gegen die Nationalelf des kleinen Landes kurz nach der WM-Vergabe erklärt. „Vier Monate nachdem der FC Bayern den Kontrakt unterzeichnet hat, wurde ich informiert, dass 250.000 Dollar vom Himmel in unsere Verbandskasse gefallen sind“, sagte Demajo der englischen Zeitung „Mail on Sunday“. „Als Schatzmeister habe ich nach dem Grund gefragt und entdeckt, dass Josef Mifsud (damaliger Verbandsboss) die Vereinbarung auf eigene Faust und ohne Kenntnis von anderen unterzeichnet hat, was er laut Statuten gar nicht durfte.“
Die 250.000 Dollar resultierten demnach aus einem Vertrag für die TV-Rechte des im Jahr 2001 ausgetragenen Spiels mit der Schweizer Agentur CWL, die damals zum Kirch-Imperium gehörte und dessen Geschäftsführer Günter Netzer war. Präsident der Bayern war damals Franz Beckenbauer, der zugleich der deutschen Bewerbung für die WM 2006 vorstand. „Ein ganz normales Agenturgeschäft“, hatte Netzer als CWL-Manager 2003 den Deal beschrieben. Auch das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ hatte in seinem Bericht über mögliche schwarze Kassen beim DFB über fragwürdige Freundschaftsspiele des deutschen Rekordmeisters berichtet.

Demajo sieht das anders. „Geben Sie mir einen guten Grund, warum die Bayern nach Malta kommen wollen, die ganzen Kosten haben und wir bekommen eine Viertelmillion. Das ist eine Beleidigung meiner Intelligenz“, ergänzte Demajo. Mifsud, der sich zu den Anschuldigungen nicht äußern wollte, hatte bei der WM-Vergabe im Juli 2000 als Mitglied der Fifa-Exekutive für Deutschland gestimmt. Beckenbauer hatte stets bestritten, dass es bei der WM-Vergabe einen Stimmenkauf gegeben habe.
Die Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk erwartet durch den Skandal beim Deutschen Fußball-Bund um dubiose Geldflüsse nicht zwingend negative Auswirkungen auf die Bewerbung für die Europameisterschaft 2024. „International dürften sich die Folgen in Grenzen halten - welcher mögliche Konkurrent ist denn derzeit völlig ohne Probleme?“, sagte die Sportbeauftragte von Transparency Deutschland der „Welt am Sonntag“. Deutschland galt bislang als klarer Favorit im Rennen um die Austragung der EM 2024. Zuletzt waren der DFB und sein Präsident Wolfgang Niersbach jedoch durch die Affäre um die ungeklärte Transaktion von 6,7 Millionen Euro vor der WM 2006 in Verruf geraten. „Viel hängt davon ab, wie der DFB im weiteren Verlauf mit dem Thema umgeht. Nach so langer Zeit kann auch die unbefriedigende Situation eintreten, dass bestimmte Punkte offen bleiben“, sagte Schenk.

Es könnten durch die Enthüllungen zudem langjährige Rechtsstreitigkeiten drohen. Möglich seien Schadenersatzklagen und auch Straf- oder Steuerverfahren. Das Image des DFB habe „selbstverständlich“ unter dem Skandal gelitten, befand Schenk. Letztlich sei es aber wichtig, wie der DFB die Vorwürfe aufkläre und mit dem Ergebnis der Untersuchungen umgehe. (dpa)

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