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Wider alle Schmerzen. Das erste Spiel gewann Mali (links Kalilou Traore gegen Kourouma Fatokouma) gegen Niger.

© AFP

Afrika-Cup: Malis Fußballer sind mit dem Herzen in der Heimat

Trotz der Kämpfe zuhause spielen Malis Fußballer beim Afrika-Cup – sie wollen Hoffnung geben. Doch die Spieler sind selbst mit ihren Gedanken bei den Familien in der Heimat.

Es ist heiß geworden beim Afrika-Cup im sommerlichen Südafrika. Vor allem die an der Südküste in Port Elizabeth untergebrachten Teams sind bei Tagestemperaturen von gut 30 Grad schon kräftig ins Schwitzen geraten. Und so machen Seydou Keita und Momo Sissoko nach einer intensiven Zweikampfübung auf dem Trainingsplatz erst einmal eine kleine Pause, um einen Schluck aus der Wasserflasche zu nehmen. Auf den ersten Blick wirkt das Training von Malis Nationalteam ganz normal. Doch wer dem ohnehin stets ein wenig traurig dreinblickenden Keita und seinem Cousin Sissoko genauer zuschaut, bemerkt: Es wird kaum einmal gelacht in diesen Tagen in Malis Nationalteam.

Was kaum verwunderlich ist. Natürlich geht der aktuelle Konflikt in der Heimat auch an den Fußballern des nordwestlichen afrikanischen Binnenlandes nicht spurlos vorüber. Zwar spielen und leben fast alle Akteure schon längst nicht mehr in ihrem Heimatland, viele sind sogar im Ausland geboren. Familie und damit Wurzeln haben aber alle noch in Mali.

„Erst einmal muss man sagen, dass sich die Jungs hier sehr professionell verhalten und sich voll auf den Afrika-Cup zu konzentrieren versuchen“, sagt Torwarttrainer Mahamadou Sidibe. Sidibe weiß natürlich auch, dass der aufkommende Krieg in der Heimat die Spieler stark mitnimmt: „Es ist so, dass wir täglich Kontakt in die Heimat haben. Die Spieler lassen sich ständig über den aktuellen Stand der Entwicklung informieren.“

Fußballspielen beim wichtigsten Turnier des Kontinents, während in der Heimat Krieg herrscht – kaum zu erklären, wie das gehen soll. Umso erstaunlicher war die starke Vorstellung von Kapitän Seydou Keita und seinen Kollegen bei ihrem Auftakt-Gruppenspiel gegen Niger, das Keita mit seinem Treffer zum 1:0 kurz vor Schluss entschied. Damit hat sich das Team schon in eine glänzende Ausgangsposition für das Erreichen des Viertelfinales gebracht.

Die Spieler trainieren unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Doch dem Weltstar Keita, der in seiner vierjährigen Zeit beim FC Barcelona insgesamt 14 Titel gewann, stand auf der Pressekonferenz nach der Partie kaum der Sinn danach, über das gerade absolvierte Fußballspiel zu sprechen. In einem T-Shirt, auf dem „Peace for Mali“ stand, appellierte er: „Wir wollen alle dafür beten, dass der Krieg in Mali bald zu Ende geht. Vielleicht können wir mit unserem Fußballspiel dazu beitragen, dass die Konfliktparteien die Waffen ruhen lassen.“ Sigamary Diarra, der beim französischen Erstligisten Ajaccio sein Geld verdient, sagte zeitgleich dem südafrikanischen TV-Sender SABC: „Unsere Körper spielen hier Fußball in Südafrika. Unsere Herzen sind aber die ganze Zeit in Mali bei den Bekannten und Verwandten.“

Schon die Qualifikation der gebeutelten Malier für die Afrikameisterschaft war eine große Überraschung, denn das gesamte letzte Jahr stand auch bei den Fußballern unter dem Eindruck des Militärputsches gegen den herrschenden Präsidenten. Die zunehmend unsichere Lage im Land veranlasste schließlich im Frühjahr Nationaltrainer Alain Giresse – beim Afrika-Cup 2012 noch gefeierter Turnierdritter –, von seinem Amt zurückzutreten.

Es übernahm im Juli dessen französischer Landsmann Patrice Cateron. Er machte in den vergangenen Wochen eine ganz besondere Stimmung bei seinen Spielern aus: „Ich spüre die ganze Zeit, dass die Spieler und auch die Betreuer im Hintergrund alles geben wollen, um den Leuten in Mali Zuversicht und Freude zu schenken.“ Schon die Vorbereitung auf das Turnier sei außergewöhnlich gewesen, erzählt Cateron: „Der Fußball gibt den Menschen große Hoffnung. Er steht wohl für eine heile Welt. Den Beginn unserer Vorbereitung haben wir in Mali absolviert. Und dort kamen 20 000 Fans zum Platz, nur um uns trainieren zu sehen.“

In Port Elizabeth trainieren Seydou Keita und seine Kollegen beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit, zudem sind rund zwei Dutzend südafrikanische Soldaten aufgeboten, um das Areal weiträumig abzusichern. Torwarttrainer Sidibe berichtet derweil, dass er zwar selbst noch in Bamako wohne, seine Familie aber auch bereits in Frankreich untergebracht habe. „Meine Frau und meine Kinder sind nach Paris gezogen. Auch in Bamako ist die Lage ja nicht unter Kontrolle“, sagt er.

Der Einmarsch der französischen Truppen und die Gründung einer Allianz gegen die islamistischen Kräfte aus dem Norden habe den Spielern Mut gemacht, sagt Sidibe: „Das Eingreifen ausländischer Truppen hat die Jungs gefreut. Es hat sie sicherer gemacht. Sie glauben daran, dass der Konflikt schnell beendet werden kann.“ Doch während die malischen Fußballer in Südafrika mit ihren Körpern ihrem Job nachgehen, werden ihre Herzen auch weiterhin in der Heimat sein.

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