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Sport: Alba berauscht sich an Alba

Die Basketballer begeistern im Uleb-Cup und haben gute Chancen, endlich mal nicht früh zu scheitern

Berlin - Henrik Rödl konnte seine Ungeduld nicht verbergen. „Wie steht es?“, fragte der Trainer bei der Pressekonferenz. Das wollte auch ein Häuflein Fans wissen, das noch eine Dreiviertelstunde nach Alba Berlins 90:83-Sieg nach Verlängerung gegen Khimki Moskau in der Max-Schmeling-Halle ausharrte. In Ostende wurde noch gespielt, eine Niederlage der Belgier gegen Hapoel Jerusalem hätte Albas Einzug ins Achtelfinale perfekt gemacht. Doch Ostende siegte 82:66, die Entscheidung ist verschoben.

Die historische Stunde konnte nicht gefeiert werden, doch Stimmen und Stimmung vermittelten schon am Dienstag den Eindruck, als sei der 10. Januar 2007 die Geburtsstunde eines neuen Teams. „Das war ein Riesenabend für uns“, sagte Rödl. Er hatte stehend und gehend mitgezittert mit seinem Team. Der Basketballtrainer kann seine Emotionen gut kontrollieren, eigentlich. Am Dienstag konnte er es nicht. Als der Favorit vor 5000 Fans nach einem dramatischen Spiel besiegt war, entlud sich alle Anspannung. Groß war die Sorge gewesen, im Uleb-Cup wieder vorzeitig zu scheitern und erneut in der Schlussphase zu verlieren, und das nach 15 Punkten Vorsprung. Rödl fiel seinem Kotrainer Calvin Oldham um den Hals, dann Chris Owens (20 Punkte). Es gab kein Halten mehr.

Bei der Ehrenrunde rannten die Spieler leichtfüßig an der Bande lang und klatschten die Fans ab, die endlich tobten und nicht pfiffen wie zuletzt. Rödl streckte jubelnd den Zeigefinger in die Luft. Es war ein Triumphmarsch und kein Trauerzug wie nach dem 65:66 im letzten Spiel gegen den Tabellenletzten Ostende, nach dem die Chancen aufs Viertelfinale gesunken waren. Die Dramaturgie war perfekt. Alba dominierte lange, stand dann kurz vor dem Aus, rettete sich in die Verlängerung und gewann sogar noch den direkten Vergleich mit zwei Punkten.

„Die Spieler haben sich in der Kabine fast abgeknutscht“, berichtete Präsident Dieter Hauert gerührt. Henrik Rödl war berauscht vom eigenen Team. „Das Spiel hat uns weitergebracht, auch was den Respekt in Europa betrifft.“ Nach den knappen Heimniederlagen gegen Siena und Ostende hatte Alba endlich ein enges Spiel gewonnen, und das gegen ein Topteam. Spielmacher William Avery habe ein „absolutes Hammerspiel“ gemacht. Erst 90 Minuten vor Beginn war klar, dass er trotz Bauchmuskelzerrung auflaufen würde. „Ich wollte der Mannschaft Energie geben und ihr Anführer sein“, erklärte er. Das gelang ihm vortrefflich: 20 Punkte (fünf Dreier), sieben Rebounds und sechs Korbvorlagen steuerte er bei. In der Verlängerung hatte er ein Aha-Erlebnis: Gegen Siena und Ostende hatte er Alba mit vergebenen Freiwürfen in letzter Sekunde um Sieg oder Verlängerung gebracht. Gegen Khimki musste er beim Stand von 78:79 wieder ran. Beim ersten Versuch tanzte der Ball lange auf dem Ring – und fiel dann doch hinein, wie auch beim zweiten Wurf. Er hatte intensiv Freiwürfe trainiert und sich zum neuen Jahr vorgenommen, täglich 100 zu treffen.

Auch dank Avery gehört Alba zu fünf punktgleichen Teams der Gruppe C. Das große Plus der Berliner ist, dass sie die direkten Vergleiche mit Khimki, Sofia und Ostende gewonnen haben. Ein Sieg in Jerusalem bringt Alba sogar Platz zwei, selbst bei einer Niederlage in Jerusalem ist Alba weiter, wenn Ostende bei Tabellenführer Siena verliert. Den Italienern ist Platz eins nicht mehr zu nehmen. „Wir sind noch nicht durch“, warnt Vizepräsident Marco Baldi. Er glaubt zwar nicht, dass Siena unmotiviert sein wird, sagt aber auch: „Ostende hat das höhere Motiv.“ Dennoch scheint eine Niederlage der Belgier wahrscheinlicher als ein Alba-Sieg in Israel. Das Heimspiel gegen Jerusalem hatte Alba 77:92 verloren. Allerdings hat Hapoel nun gerade ein Debakel in Ostende erlebt.

Trotz aller Vorsicht schwärmte auch Marco Baldi. Die Mannschaft sei „arbeitsethisch sensationell. Wir hatten selten ein Team, das so mitgezogen hat und wo keiner auf seinen Status pocht.“ Der nächste Charaktertest steht am Samstag an: Dann gastiert der ehemalige Alba-Trainer Emir Mutapcic mit Braunschweig bei Alba (18 Uhr 30) – kein europäisches Topteam, sondern der Tabellenzehnte der Bundesliga.

Helen Ruwald

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