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Hergeschaut! Akpinar will im Eurocup in Le Mans heute wieder glänzen. Foto: Imago

© imago/Sebastian Wells

Alba-Profi Ismet Akpinar: Für Berlin, Hamburg und Türkei

Der 20-jährige Ismet Akpinar ist im Profiteam von Alba Berlin angekommen. Das will er heute auch im Eurocup in Le Mans wieder beweisen.

Ismet Akpinar, das ist zu erkennen, will alles besonders richtig machen. Die Augen werden groß, er drückt den Rücken durch und spricht sehr gewählt, er wägt seine Worte genau ab. Interviews gehören zum Leben eines Profibasketballers bei Alba Berlin, aber der 20-Jährige hat noch nicht viele geführt, da will er nichts Falsches sagen. Dennoch, und das ist der Unterschied zu den Vorjahren, wirkt Akpinar nun selbstbewusster. Hin und wieder schleicht sich ein dickes Grinsen auf sein Gesicht, wenn er sich bei einer mutigen Aussage erwischt hat. Wie dieser: „Ich habe jetzt meine Rolle.“

Diese Feststellung trifft ohne falsche Bescheidenheit zu. Im dritten Jahr bei Alba hat sich Akpinar nach langem Anlauf einen festen Platz im Team erkämpft, im letzten Bundesligaspiel in Gießen spielte er sogar eine Hauptrolle, mit 21 Punkten, seiner neuen Bestleistung im Profibereich, war er erstmals Topscorer der Berliner. Doch bereits seit Saisonbeginn haben sich die Spielanteile Akpinars auffällig erhöht, der Nachwuchsspieler ist bisher die positivste Überraschung beim gelungenen Saisonstart des ungeschlagenen Bundesliga-Tabellenführers. Auch beim dritten Eurocup-Gruppenspiel heute im französischen Le Mans (20.30 Uhr, live im Internet bei rbb-online.de) darf Akpinar wie bisher auf gut zehn Minuten Einsatzzeit hoffen. Dabei betreibt Akpinar auch wenig Ehrenrettung: für Albas Jugendprogramm, den Basketball seiner Heimatstadt Hamburg und seine türkischen Wurzeln. Er sagt, er sehe sich als Repräsentant aller drei Basketballkulturen, die zuletzt hierzulande nur wenig Talente von Profiformat hervorgebracht haben.

Gegen Gießen deutete Akpinar erstmals sein Angriffspotenzial an. Mit einem traumhaften Lauf erzielte er in nur zwölf Minuten 21 Punkte und das ohne einen einzigen Fehlwurf aus dem Feld. Seine Mitspieler begruben ihn danach begeistert unter sich und tätschelten lachend seinen Kopf. Doch der Aufbauspieler weiß, welche Tugend ihn überhaupt erst ins Team getragen hat. „Es liegt daran, dass ich mich defensiv verbessert habe und es jetzt schaffe, Männer zu stoppen“, sagt er, „dann bekommt man bei Sasa Obradovic Spielzeit.“ Das heißt aber nicht, dass Albas Coach nicht noch genug zu kritisieren hätte. Immer wieder fasst der Serbe sich fassungslos an die Glatze, wenn Akpinar seinen Mann frei stehen lässt, und brüllt eine Salve an blumig formulierten Verbesserungsvorschlägen aufs Feld. „Er schreit ja nicht nur rum, es hat ja auch meistens einen Sinn“, sagt das akustische Opfer. „Mittlerweile schaffe ich es, nur die Message daraus zu ziehen.“

Die Entwicklung Akpinars ist auch eine Ehrenrettung für Coach Obradovic

Obradovic findet auch lobende Worte: „Ismet hat sich die Rolle verdient.“ Er sei gereift, ein kluger Junge, der hart an sich arbeite und nun mehr Muskeln habe. Neben der Defensive sei auch der Wurf konstanter, daher darf er die Stammkräfte öfter entlasten. Obradovic hat ihm aber auch gesagt, „dass er arroganter und gemeiner werden muss, auch wenn er aus einer guten Familie kommt“. Die Entwicklung Akpinars ist auch ein wenig Ehrenrettung für den Coach, der bisher eher ausländische Profis verbesserte, auch wenn er betont, dass sich Jonas Wohlfarth-Bottermann oder Akeem Vargas ebenfalls weiterentwickeln. „Für Albas Programm ist es wichtig, deutsche Spieler herauszubringen.“

Den direkten Durchbruch bei den Profis schaffte seit Jahren kein Spieler mehr aus der ambitionierten Berliner Nachwuchsabteilung. Dorthin wechselte Akpinar als 18-Jähriger, weil es in Hamburg jahrelang keinen Profiklub gab. Der Juniorennationalspieler galt als großes Spielmachertalent und dominierte bei Albas Juniorenteams. Bei den Profis ging es langsamer, fünf Schnuppereinsätze im ersten Jahr, 18 im zweiten. Diese Saison war er bisher in jedem Spiel dabei. „Klar hätte ich mir früher mehr erhofft, aber jetzt zahlt es sich langsam aus“, sagt Akpinar. Er will sich weiter steigern und irgendwann eine Führungsrolle übernehmen, in der Jugend war er meist Kapitän und vertrat in dem Amt schon Alex King. Für die kommende Saison hat Alba eine einseitige Option. Selbstvertrauen und Offensivqualitäten sind schon vorhanden, Fragezeichen stehen noch hinter Akpinars Athletik, Spielmacherqualitäten und weiter der Verteidigung. Sein Vorbild bleibt sein großer Bruder Mutlu, der einst bei einem Türkei-Urlaub entdeckt und dort Nationalspieler wurde. Akpinar will weiter für Deutschland spielen. Obwohl die Türkei ein großes Basketballland ist, haben nur wenige Deutsch-Türken hierzulande den Sprung zum Profi geschafft. Wie Mithat Demirel, der kam einst aus dem Berliner Nachwuchs. Auch kein schlechtes Vorbild.

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