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Sport: Aldags Kampf mit dem linken Knie

Verletzter Profi bei den Sixdays vorne dabei

Berlin - Sechs Minuten vor dem Ende greifen die Männer mit den vielen Verbänden an. Bei Rolf Aldag sind rechter Ellbogen, linkes Handgelenk und linkes Knie umwickelt, bei Robert Bartko rechte Schulter, rechter Ellbogen und rechte Wade. Nun wagen sie einen Vorstoß, nur Andreas Kappes und Andreas Beikirch können ihnen am Sonntag beim Sechstagerennen im Velodrom folgen. Bartko, der wegen einer Bronchitis schlecht Luft bekommt, gewinnt den entscheidenden Schlussspurt und somit die Kleine Jagd über 30 Minuten. Am Donnerstag, in der ersten Nacht, war das Duo gesürzt, Aldag musste am Freitag wegen eines Blutergusses im Knie pausieren und stieg am Samstag mit Schmerzen wieder aufs Rad. „Im letzten Rennen meiner Karriere aufgeben, das geht nicht“, sagte er. „Nach 15 Jahren muss ich noch ein Mal kämpfen.“ Nach dem bravourösen Fight gestern liegt er mit Bartko auf Rang sechs, mit nur einer Runde Rückstand auf die führenden Guido Fulst und Leif Lampater.

Am Samstag wollte das Team mit der Nummer eins auf den roten Trikots zunächst nur „den Abend überleben“ (Bartko). Eine Sensation dürfe man nicht erwarten. „Ich habe Probleme beim Antritt, das ist frustrierend. Ich will mitfahren, aber dann ist der andere schon fünf Meter weg“, sagte Aldag, während er nach dem ersten Härtetest das Knie kühlte. Dass der linke Fuß kräftig in die Pedale tritt, ist vor allem Kopfarbeit. Zu jeder Bewegung muss Aldag sein lädiertes Knie zwingen. Mit angespanntem Blick jagt er über die Bahn. Zehnmal hat sich Aldag bei der Tour de France über die Pässe gequält, nach einem Blinddarmdurchbruch in der Neujahrsnacht war der langjährige Fahrer des T-Mobile-Teams zum Berliner Sechstagerennen gerade wieder fit. Nun kämpft er bei dem Rennen, das der triumphale Abschluss seiner Laufbahn werden sollte, vor allem gegen den eigenen Körper. Auch weil Publikumsliebling Bartko sein Partner ist, will Aldag weiterfahren, schließlich wäre sonst auch für den Potsdamer das Rennen beendet.

Aldag glaubt, dass er bis Dienstag körperlich durchhalten kann, irgendwie. Trotzdem schließt er eine Aufgabe nicht aus. „Das Rennen auf Platz 16 zu Ende zu fahren, traue ich mir zu. Aber das macht wenig Sinn“, sagte er am Samstagabend. Schließlich will er seinen guten Ruf nicht ruinieren. Die Fans jubeln ihm zu, „aber wenn ich fast von der Bahn rutsche, weil ich nicht mehr schnell genug bin, ist der Respekt schnell aufgebraucht“. Er wolle nicht, dass die Leute sagen, „der ist 37 und schon ein Jahr zu lange gefahren“.

Im Laufe des Samstags dürften sich derartige Ängste verflüchtigt haben. Das Duo beißt sich durch und liegt nach der dritten Nacht mit nur einer Runde Rückstand auf die drei führenden Teams auf Rang vier. Selbst der Sieg scheint wieder möglich. Morgens um zwei steigt Aldag vom Rad, neun Stunden später tritt er zum Familientag schon wieder in die Pedale. Es war wenig Zeit für den geschundenen Körper zu regenerieren. Nach der Großen Jagd am Sonntag haben er und Bartko zwei Runden Rückstand, die Euphorie ist verflogen. Aldag glaubt nicht mehr an den Sieg – aber er hofft noch ein bisschen. Wenn die anderen Teams sie abschreiben, dann könnten sie doch noch eine Chance haben. Die Chance kommt schon in der Kleinen Jagd.

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