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Sport: Alex Alves, Berlins prominentester Brasilianer, spürt erstmals die Sonne über Deutschland

Sein Lächeln ist zurückgekehrt. Alex Alves hat endlich die Sonne gesehen.

Sein Lächeln ist zurückgekehrt. Alex Alves hat endlich die Sonne gesehen. Gestern Vormittag war es, auf dem Maifeld. So gegen zehn vor zehn aus Anlass einer lockeren Übungsstunde mit Ball und Netz. Fußballtennis war angesagt für die Profis von Hertha BSC. Und das bei frühlingshaften Temperaturen.Ganz traute der Deutschland-Neuling dem Frieden noch nicht, das wollene Trainingstextil ließ er sicherheitshalber an. Doch Alex Alves strahlte - wie andere vorm Weihnachtsbaum.

Der Brasilianer hatte wohl nicht mehr daran geglaubt, dass das wärmende Licht jemals Deutschland erreichen würde. Schon gar nicht nach seinem ersten Punktspiel für seinen neuen Arbeitgeber am Freitagabend im Rostocker Ostseestadion. Herthas Trainer Jürgen Röber, der 90 Minuten lang am Spielfeldrand im Regen saß, war spontan das Wort "Schweinewetter" eingefallen. Gegenteilige Meinungen waren nicht zu hören gewesen an der Küste.

"Wissen Sie, vor allem diesen Wind kennt er nicht beim Fußballspielen", erzählt Nilson Maldaner. Maldaner ist auch Brasilianer, spricht aber Deutsch und begleitet daher Herthas teuersten Stürmer der letzten 107 Vereinsjahre durch den hiesigen Alltag. Auch Maldener reagiert auf Sonne und beobachtet freudig das Treiben der Berliner Gruppe um Alves. Kleine Späßchen werden gemacht. Alves lächelt dazu. Heiterkeit herrscht auf dem Maifeld.

"Der Sieg in Rostock war das Beste, was uns passieren konnte", sagt Alves etwas später. Auch Herthas Trainer weiß den 1:0-Auswärtssieg zum Rückrundenstart zu schätzen. "In der Hinrunde haben dort nur die Bayern gewonnen", sagt Röber und kommt auf die Leistung des 15-Millionen-Mark-Mannes zu sprechen. "Gerade in der ersten Halbzeit hat man doch gesehen, welche Qualitäten in ihm stecken", erzählt Röber und fügt mit einem Anflug von leichter Vorfreude in seiner Stimme hinzu: "Aber da wird noch mehr kommen."

Auf dem nassen Grün von Rostock hatte Alex Alves zunächst erhebliche Standschwierigkeiten. Was in erster Linie am falschen Stollenwerk lag. Nach einer gespielten Viertelstunde hatte Röber den 25-jährigen Südamerikaner zu sich an die Seitenlinie beordert - Töppentausch. Von da an ließ Alves einiges davon aufblitzen, was ihn so teuer macht. Der Brasilianer ist nicht nur rasch auf seinen Füßen unterwegs, ihn zeichnet im Spiel eine gedankliche Spritzigkeit aus, die in deutschen Stadien von gewisser Exklusivität ist. "Wie er zwei-, dreimal die Situation erfasst und sich blitzschnell von seinen Bewachern gelöst hat, war schon sensationell." Schon im Ansatz sei seine Klasse zu sehen, meint sein Trainer und schwärmt: "Wenn er den Ball runternimmt ... ".

Beinahe wäre dem wendigen Mann sogar sein erstes Bundesligator geglückt. Sein Sturmkollege Michael Preetz hatte von der rechten Eckfahne aus halbhoch in den Strafraum geflankt, wo sich Alves sofort daran machte, den Ball direkt Richtung Tor zu befördern. Doch der Ball zischte eine Handbreit am Kasten vorbei. "Das hätte ein Tor sein müssen", sagt Alves. "Wissen Sie", fährt Maldaner fort, "normalerweise macht er solche Bälle rein." In dieser Aktion habe aber eine Böe den Ball böse erfasst und den Stürmer in eine leichte Rücklage gezwungen. "Sonst wäre er drin gewesen", lässt Alves dolmetschen. Das ganz persönliche Erfolgserlebnis will der junge Mann morgen im Olympiastadion erleben. Hertha BSC empfängt am Abend um acht den Tabellenletzten Arminia Bielefeld. Alves träume schon voraus, erzählt Maldaner. Er sei gespannt auf das Stadion, auf seine Premiere in der Stadt. Er freue sich auf die Berliner.

Bis dahin bieten sich kaum Gelegenheiten, das noch holprige Zusammenspiel mit Alves zu harmonisieren. "Das ist noch nicht perfekt, aber das trainieren wir", sagt Röber. Gute Ansätze will der Trainer gesehen haben. Und das richtige Gefühl folgt dann quasi auf dem Fuße. Vor allem jene Spieler, die mit dem kreativen Aufbau eines Spielzuges beschäftigt sind, müssten noch genauer die Laufwege des schnellen Stürmers erkennen und reagieren. Meint jedenfalls Röber, der auch den Brasilianer in die Pflicht nimmt. "Er hat ja schon gemerkt, dass wir hier eine andere Art Fußball spielen."

Röber spricht aus Erfahrung. "Ich kenne diese Situation von Giovane Elber." Röber war damals noch Trainer beim VfB Stuttgart und polte schon einmal einen Brasilianer erfolgreich um. Bei Alex Alves sei es genauso. Vieles würden die Südamerikaner mehr aus Spaß machen. "Je näher aber ein Punktspiel rückt, desto ernster und konzentrierter werden sie", sagt Röber. Außerdem: Gelacht werden kann dann wieder auf dem Trainingsplatz genug.

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