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Mit Fassung. Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy versuchten nicht, ihre Leistung durch viele Tränen und dramatische Reaktionen zu erhöhen oder Bronze schönzureden.

© AFP

Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy: Ende einer Paarlauf-Leidenschaft

Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy trennen sich wohl nach dem verpassten Olympiasieg. Der für sie enttäuschende dritte Platz könnte im Paarlaufen auf Jahre die letzte deutsche Medaille bleiben.

Aljona Sawtschenko war gezeichnet von einer schlaflosen Nacht. „Es war schrecklich für mich, das hätte ich nie gedacht.“ Ihre Augen versteckte sie am Donnerstag hinter einer Sonnenbrille, als sie mit ihrem Trainer Ingo Steuer noch einmal über das in Sotschi Erlebte referierte. Ein trüber Abend lag hinter ihr und ihrem Eiskunstlaufpartner Robin Szolkowy. Nicht die beiden Chemnitzer, sondern Tatjana Wolosschar und Maxim Trankow wuchsen mit ihrer Kür im Paarlaufen zu den großen Olympiahelden – Russlands.

Das deutsche Paar war geschrumpft, bevor es überhaupt wachsen konnte im Eisberg-Palast. Am Mittwochabend hatten Sawtschenko und Szolkowy die Eisfläche der Arena im Olympiapark verlassen, ohne dass es die 12 000 Zuschauer, die ihre neuen Helden feierten, noch groß zur Kenntnis genommen hätten. Der traurige Charme des Scheiterns: Nach dem Kurzprogramm hatten Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy in der Kür alles versucht und viel verloren.

Aljona Sawtschenko will weitermachen

Bronze bei Olympischen Spielen, das ist für viele Sportler gut. Für die Besten einer Sportart aber nicht. Seit mehr als zehn Jahren hatten sie auf diesen einen Abend hingearbeitet. Zehn Jahre schuften, leiden, nur für diese olympischen Minuten. Bronze hatten sie schon 2010 in Vancouver geholt, das wollten sie nicht noch einmal. Gold wird es für dieses Paar bei Olympischen Spielen aber nun nicht mehr geben. Privat gehen beide sowieso getrennte Wege, beruflich bald auch: Der 34-jährige Robin Szolkowy will seine Karriere spätestens nach der Saison beenden. Aljona Sawtschenko, gerade erst 30 geworden, will weitermachen. Für den nächsten olympischen Zyklus suche sie einen neuen Partner, sagte sie am Donnerstag. Das aber dürfte in Deutschland nicht einfach werden angesichts fehlender Klasse.

Trainer Steuer will sie weiterhin betreuen, monierte aber die für ihn schlechten Arbeitsbedingungen im deutschen Eiskunstlauf. Bei den Russen würden ganze Teams hinter ihren Sportlern stehen. Der durch seine Stasi-Vergangenheit belastete Trainer darf nicht von der Deutschen Eislauf-Union sein Salär bekommen. Auf Weisung des Innenministeriums. Daher müssen die Sportler ihn bezahlen, was wiederum Steuers Möglichkeiten einschränkt. „Ich mache das seit zehn Jahren ganz allein“, sagte Steuer. „Das kostet viel Kraft.“

Nun hätten sich die beiden Chemnitzer und ihr Trainer die Niederlage öffentlich durch viele Tränen und dramatische Reaktionen erhöhen oder aber Bronze schönreden können. Nichts von beidem passierte, Sawtschenko hatte wohl im stillen Kämmerlein geweint, und Robin Szolkowy hatte nach dem verpatzten Auftritt einen trotzig-stolzen Abtritt. Er sagte: „Auch wenn wir Bronze haben, wir fühlen uns wie Verlierer.“ Und Aljona Sawtschenko murmelte zwar das Wort „Scheiße“, sagte dann aber: „So wollen wir unsere zehn Jahre nicht abschließen, wir werden bei der WM im März in Japan starten.“

Erst war Szolkowy beim dreifachen Toeloop gestürzt, am Ende dann Sawtschenko beim dreifachen Wurfaxel. „Dazwischen haben wir uns auf dem Eis eigentlich ganz wohl gefühlt“, sagte Szolkowy. Aber das war zu wenig an einem Abend, an dem sie nicht nur gegen die eigene Nervosität, sondern auch noch gegen das russische Publikum anlaufen mussten.

Zweimal Bronze bei Olympia und trotzdem unglücklich

Bei der Weltmeisterschaft in Saitama könnten die beiden Deutschen zum fünften Mal Weltmeister im Paarlaufen werden, das gab es seit Irina Rodnina und Alexander Saizew vor fast 40 Jahren nicht mehr. Erst einmal aber muss Sawtschenko wohl noch ihren scheidenden Eiskunstlaufpartner überzeugen, seit 2003 laufen die gebürtige Ukrainerin und der in Greifswald geborene Szolkowy zusammen. Ob er bei der WM noch mal mit seiner langjährigen Eiskunstlaufpartnerin antreten wird, ließ er am Donnerstag offen.

Aber was ist im Eiskunstlauf im Jahresrhythmus zu gewinnendes WM-Gold auch schon gegen olympisches Gold? Vor allem, wenn sich ein Paar wie Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy den großen Triumph angesichts jahrelanger Dominanz im Paarlaufen verdient gehabt hätte? Trotzdem, die Leistung der beiden Deutschen in Sotschi war groß. Seit Ria Baran und Paul Falk, Olympiasieger 1952, kam kein anderes deutsches Paar so nah an Gold heran wie Sawtschenko und Szolkowy.

Wie viel das wert war, wird vielleicht erst in ein paar Jahren klar werden, denn nach den Leistungen des Nachwuchses zu urteilen, wird so schnell kein deutsches Paar eine olympische Medaille gewinnen. Vielleicht wird Bronze für Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy daher noch an Wert gewinnen – weil es für lange Zeit als letzte deutsche Medaille im Paarlaufen in die Geschichte eingehen könnte. Es sei denn, Aljona Sawtschenko findet doch noch einen passenden Partner. Auf dem Eis.

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