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Sport: Alle Räder stehen still

Von Karin Sturm Silverstone. „Mir hat man gesagt, heute sei ein ganz normaler Arbeitstag“, meinte Heinz-Harald Frentzen noch, als er um kurz vor zehn in Silverstone zum Training des Großen Formel-1-Preises von Großbritannnien an die Strecke kam.

Von Karin Sturm

Silverstone. „Mir hat man gesagt, heute sei ein ganz normaler Arbeitstag“, meinte Heinz-Harald Frentzen noch, als er um kurz vor zehn in Silverstone zum Training des Großen Formel-1-Preises von Großbritannnien an die Strecke kam. Eine Stunde später stand er auch im Renn-Overall in der Box. Aber dann hatte es sich mit dem „ganz normal“ erledigt. Sein Arbeitsgerät, der orange Arrows, stand zwar mehr oder weniger fahrbereit in der Box, doch kein Rad drehte sich. Was fehlte, waren die Elektronik-Boxen für die Motoren. Die hatte Motorenlieferant Cosworth unter Verschluss behalten, weil die Juni-Rate von 4,7 Millionen Dollar für die Triebwerke nicht bezahlt war.

Teamchef Tom Walkinshaw, der bereits in Monaco eine Rate aus eigener Tasche beglichen hatte, versuchte noch zu retten, was nicht mehr zu retten war: 40 Minuten verhandelte er mit Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, dann verkroch er sich mit Cosworth-Chef Nick Hayes im Arrows-Motorhome, und nach dem Ende der ersten Trainingsstunde kam auch noch Niki Lauda dazu. Der hatte als Chef der Premier Performance Group von Ford, zu der Cosworth ebenso gehört wie Laudas Team Jaguar, Klartext geredet: „Ich habe persönlich kein Problem mit Walkinshaw, ich habe ihm auch oft genug geholfen, aber es gibt Grenzen.“ Nach einer halben Stunde gingen Lauda und Hayes wieder. „Es ist nichts geregelt“, sagte Lauda nur, dann traf sich der Österreicher wiederum mit Ecclestone zum Mittagessen. Die Arrows blieben auch beim zweiten Training in der Box.

Am Donnerstag hatte Arrows, angeblich mit knapp 90 Millionen Euro verschuldet, vor einem Londoner Gericht eine Abfuhr erhalten. Ein Einspruch gegen eine Einstweilige Verfügung der Investmentbank Morgan Grenfell, mit der Tom Walkinshaw der weitere Zugriff auf Firmenvermögen untersagt wurde, hatte keine Chance. Damit wollte die zur Gruppe der Deutschen Bank gehörende Bank, die 40 Prozent der Arrows-Anteile besitzt, verhindern, dass Walkinshaw Rechte aus dem Concorde-Abkommen (Preis- und Fernsehgelder) an einen neuen Geldgeber für die Motoren (Red Bull) verkauft.

Noch ist für Walkinshaw nicht alles verloren, auch wenn das Auslassen eines Rennens normalerweise hohe Strafen und den Verlust von Ansprüchen aus dem Concorde-Abkommen nach sich zieht. Aber die Arrows-Boliden haben die technische Abnahme passiert. Und eine Teilnahme am Freien Training ist laut Reglement nicht zwingend vorgeschrieben. „Im Qualifying am Samstag müssen sie aber auf die Strecke gehen“, lautet die offizielle Auskunft des Motorsport-Weltverbandes Fia.

Doch die Krise der Formel 1 ist nicht allein die von Arrows und Tom Walkinshaw. Der nächste Rennstallbesitzer, dem derartiger Ärger bevorsteht, ist Eddie Jordan. Nicht weniger interessant dürfte werden, wie sich der Verkauf von 35 Prozent der Ferrari-Anteile durch Fiat an eine Bankengruppe auswirkt. Dass in Italien zwischen Ferrari, Magneti Marelli und Fiat einiges an undurchsichtigen Geldflüssen stattfand, ist ein offenes Geheimnis. So hört man, Ferrari habe im letzten Jahr insgesamt nur 40 Millionen Dollar Gewinn gemacht, aber 80 Millionen in das Formel-1-Team gesteckt. In englischen Formel-1-Kreisen wird bereits spekuliert, dass die Rücktrittsgedanken von Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo ursächlich damit zusammenhängen könnten, dass er wisse, dass es so wie bisher nicht mehr weitergehen kann.

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