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Sport: Allein unter Männern

Annika Sörenstam ist einzige Golferin beim Turnier in Texas

Fort Worth. Ein Dutzend Fotografen machte es sich am Montag im Schatten des Colonial-Klubhauses sehr bequem. Die professionellen Wegelagerer begutachteten jedes ankommende Auto. In der Hoffnung, endlich auf den Auslöser drücken zu können. Doch die Hauptdarstellerin ließ sich noch nicht blicken. Die Fotografen warteten vergeblich auf eine Schwedin, die ab Donnerstag in Fort Worth im US-Bundestaat Texas beim Turnier der PGA, dem Weltverband der Profigolfer, ihren großen Auftritt haben will. Annika Sörenstam wird unter 114 Männern die einzige Frau im Teilnehmerfeld sein. Das hat es seit 58 Jahren nicht mehr gegeben. Zuletzt hatte mit Babe Zaharias 1945 in Los Angeles eine Frau an einem PGA-Turnier der Männer teilgenommen.

Der geplante Auftritt der Schwedin sorgt für ungeahntes mediales Interesse. Vergangenes Jahr verteilte das Colonial-Management 178 Medienpässe, jetzt sind es 583. Und natürlich polarisiert Sörenstams Teilnahme. Nicht alle sind davon begeistert. „Das stinkt nach reiner Publicity“, sagte Nick Price, Titelverteidiger beim Turnier in Texas. Und der ehemalige Masters-Sieger Vijay Singh attackierte: „Sie gehört da nicht hin und ich hoffe, sie verpasst den Cut.“

Allein gegen viele Vorurteile. Der mit Spannung erwartete Showdown erfreut vor allem Sponsoren und Fernsehanstalten. Hohe Einschaltquoten sind garantiert, wenn Sörenstam auf dem altmodischen Par-70-Kurs des Colonial Country Club abschlägt. „Wenn alle Sterne für mich richtig stehen, dann kann ich auch gewinnen“, glaubt die 32-jährige Schwedin mit Wohnsitz in Florida. Schließlich gewann Sörenstam allein im vergangenen Jahr 13 Turniere und wurde zum vierten Mal als „Spielerin des Jahres“ auf der professionellen Damentour der LPGA ausgezeichnet. In ihrer eindrucksvollen Karriere verdiente sie bereits über elf Millionen Dollar Preisgeld sowie Lob und Anerkennung.

Für Furore sorgte die Golferin vor zwei Jahren, als sie als erste Frau der Welt eine 59er-Runde spielte. „Sie ist mental ungemein stark, dazu entschlossen und hartnäckig“, sagt ihre jüngere Schwester Charlotta, ebenfalls Profigolferin. Hinzu kommt ihre gute Fitness. Annika Sörenstam stemmt regelmäßig Gewichte und arbeitet an ihrer Kondition. Dank ihres muskulösen Körpers schlägt die nur 1,67 Meter große Frau den Ball 25 Meter weiter als 1999 und dominiert bei den Frauen nach Belieben. Neue Herausforderungen – Fehlanzeige. Bis ein Journalist sie im Januar fragte, ob sie nicht einmal Lust hätte, bei einem Männerturnier anzutreten. Sörenstam sagte spontan zu und bekam daraufhin gleich zehn Angebote von Turniersponsoren. Die Schwedin entschied sich für das Einladungsturnier Colonial, weil sie sich auf dem technisch nicht anspruchsvollen sowie nur 7080 Yards langen Kurs die besten Chancen ausrechnet. Sörenstam wird von den gleichen Tees wie die Männer abschlagen. „Ich will mein Leistungsniveau verbessern“, sagt sie. „Dies ist ein großer Test und ich werde sicher eine Menge dabei lernen.“

Sörenstam, die vor einer Woche mit dem Turniersieg in Tokio eine gelungene Generalprobe feierte, überraschen die Kontroversen um ihren Start. Diplomatisch gesteht sie jedem „das Recht auf eine eigene Meinung“ zu. Immerhin, der Weltranglistenerste ist auf ihrer Seite. „Wenn sie den Cut schafft, werde ich applaudieren“, sagt Tiger Woods. Doch weder Woods noch ihr schärfster Kritiker Singh, der überraschend eine Woche Urlaub einlegte, werden beim Turnier dabei sein. Ins Schwitzen dürften ab Donnerstag dafür die Kollegen von Woods und Singh geraten, denn keiner will schließlich hinter der Schwedin landen. „Sollte dieser Fall jedoch eintreten“, sagt Sportpsychologe Tom Tutko, „dürfte es den Jungs sehr schwer fallen, sich von dieser Blamage zu erholen.“

Stefan Liwocha

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