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Zur Augenhöhe fehlt ein Stück. Vor dem Rennen in Monaco liegt Lewis Hamilton (l.) 41 Punkte hinter Sebastian Vettel zurück. Foto: Reuters

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Sport: Alleine auf der Jagd

Lewis Hamilton kann als Einziger den WM-Titel in der Formel 1 für Sebastian Vettel noch verhindern

Von Christian Hönicke

So weit ist Sebastian Vettel inzwischen enteilt, dass er schon nicht mehr sieht, was hinter ihm passiert. „Ich habe noch gar nicht auf die Tabelle geschaut“, sagt der amtierende Weltmeister und aktuelle WM-Führende der Formel 1 vor dem Großen Preis von Monaco am Wochenende. „Ich weiß gar nicht, wer überhaupt Zweiter, Dritter oder Vierter ist und welche Punkteabstände sie haben.“ Nun, dem Red-Bull-Piloten kann geholfen werden: Sein dichtester Verfolger heißt Lewis Hamilton, fährt McLaren-Mercedes und versucht, den Rückstand von 41 Punkten nicht größer werden zu lassen. „Er stürmt davon“, sagt Hamilton, „aber ich tue alles, was ich kann.“

Der Engländer ist mit 77 Punkten Vettels (118) einzig verbliebener ernsthafter Rivale um den Titel. Der zweite Red-Bull-Pilot Mark Webber, dank der Segnung des baugleichen Autos eigentlich Vettels ärgster Widersacher, scheint in eine Art zähfließenden Parallelverkehr abgetaucht. Seit der Australier den WM-Titel 2010 im letzten Rennen noch an den Deutschen verlor, fährt er nur hinterher und verbreitet statt Aufbruchstimmung nur übellaunige Dreiwortsätze. Der zweite McLaren-Fahrer Jenson Button hat lichte Momente, steht aber insgesamt klar im Schatten seines Stallrivalen Hamilton. Und Ferrari hat die Saison nach der Überrundung in Barcelona praktisch abgehakt – das lässt sich auch an der Entlassung des Technikchefs Aldo Costa ablesen.

Michael Schumachers Bestmarke aus dem Jahr 2002 steht und fällt also wohl mit Lewis Hamilton. Damals stand der Kerpener im Ferrari sechs Rennen vor Schluss als Weltmeister fest. Mit einem Sieg beim Grand Prix von Monaco am Wochenende, dem ersten überhaupt für ihn, wäre Vettel beinahe uneinholbar enteilt. Doch Hamilton glaubt: „Monaco ist eine Strecke, auf der ich eine Chance habe. Vielleicht wird die Lücke kleiner.“

Bei näherem Hinsehen hat sich Vettels Vorsprung schon verringert. Der Titelverteidiger liegt nach seinem Sieg in Barcelona umgerechnet zwar fast zwei Rennsiege in der WM vor Hamilton. Doch nicht nur Hamilton zeigte sich nach dem ersten Ärger über die fehlenden 0,6 Sekunden später „positiv überrascht, wie schnell wir waren“. Auch Sebastian Vettel wunderte sich über das enge Rennen und trieb seine Mitarbeiter auf der Suche nach der verlorenen Zeit zu Verbesserungen am Auto an.

Denn sein Rivale ist weit davon entfernt, es sich auf dem ersten Platz hinter der überlegen scheinenden Kombination Vettel-Red Bull gemütlich zu machen. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand sein Team mehr antreibt als ich“, sagt Hamilton. „Ich frage immer: Für wann ist dieses Teil? Montreal? Ich brauche es für Monaco. Ich sage, wir brauchen dies, wir brauchen das, bringt mit nach Monaco, was ihr könnt, bringt alles mit!“

Auch so kann Hamiltons McLaren derzeit zumindest unter Rennbedingungen als einziger Wagen mit den Red Bulls mithalten. „Es ist schwierig, sie im Rennen zu überholen, weil ihr Auto so gut ist – deswegen müssen wir uns im Qualifying verbessern“, sagt Hamilton. „Wir sind ganz klar die Einzigen, die sie im Moment schlagen können. Ich denke, wir waren im Rennen in Barcelona sogar etwas schneller als Red Bull.“

Für Monaco hat sich der Engländer nun vorgenommen, nicht mehr nur knapp hinter dem Renner mit der Nummer eins ins Ziel zu kommen. Auf der winkligen Strecke im Fürstentum sei die Aerodynamik nicht so wichtig „und der Fahrer kann den Unterschied ausmachen. Mit Monaco und danach Montreal habe ich jetzt zwei Rennen, die uns liegen sollten – zwei Möglichkeiten für 25 Punkte.“ Wenn er sie nutzt, sollte Sebastian Vettel doch noch einmal genauer auf die WM-Tabelle gucken.

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