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Sport: Alles gleich, nur anders

Wie Aachen versucht, trotz des spektakulären Trainerwechsels zur Tagesordnung überzugehen

Berlin – Beim Training am Donnerstag haben sich die Spieler aufgewärmt wie immer, danach die üblichen Spielformen einstudiert, nur einzelne Übungen waren neu. „Der Ablauf ist erst einmal ziemlich gleich geblieben“ sagt Verteidiger Alexander Klitzpera.

Mit wem man auch spricht in diesen Tagen bei Alemannia Aachen, alle sagen dasselbe: Ein bisschen was ist anders, aber nicht viel. Nach der skurrilsten Personalie der aktuellen Bundesliga-Saison, dem fliegenden Wechsel von Trainer Dieter Hecking zu Hannover 96 und der Bestellung von Michael Frontzeck als dessen Nachfolger, versuchen die Aachener, möglichst geräuschlos zur Tagesordnung überzugehen. „Natürlich hat Michael Frontzeck seinen eigenen Kopf und verändert Nuancen“, sagt Sportdirektor Jörg Schmadtke über seinen ehemaligen Teamgefährten, „aber wir haben mit ihm bewusst einen Trainer geholt, der keinen kompletten Stilwechsel vollzieht.“ Schließlich sei die Neueinstellung keine Reaktion auf Misserfolge gewesen.

Dennoch ist fraglich, wie die Mannschaft den Verlust ihres Chefstrategen kompensieren wird, der aus „schwerwiegenden persönlichen Gründen“ wechselte, in Hannover aber wohl auch deutlich mehr verdient. „Man müsse sehen“, sagte ein Spieler, „wie einige von uns das verkraften. Manche waren schon brutal auf die Rückendeckung angewiesen, die er ihnen gegeben hat.“ Schmadtke will die unübliche Personalrochade nicht überbewertet wissen: „Wir haben hier ein Konstrukt, das insgesamt intakt ist. Der Trainer ist nur ein Teil davon, die Stabilität des Ganzen sei nicht gefährdet.“ Wenn Schmadtke das so sagt in seinem gelangweilt-coolen Tonfall, klingt es fast, als rede er nicht vom Austausch eines leitenden Angestellten, sondern vom Reifenwechsel am Mannschaftsbus. In seiner Position ist solcher Pragmatismus wohl ein Schutzreflex: Immer wieder warben andere Klubs Leistungsträger der Alemannia ab.

Wie es um Schmadtkes Zukunft bestellt ist, scheint ungewiss, obwohl sein Vertrag nach ausgeräumten Meinungsverschiedenheiten mit der Klubführung bis 2009 verlängert worden war. Zu dem Angebot Hannovers, ihn gleich mitzuverpflichten, sagt Schmadtke, er habe nie in Erwägung gezogen, zu Hannover 96 zu gehen – zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Ein Satz, der alles aussagt und nichts, Schmadtke mag solche Sätze, zumal er seine Arbeit bei Alemannia offenbar nicht angemessen gewürdigt sieht. Der Verein schuf durch die Gründung einer GmbH jüngst die Stelle eines Geschäftsführers. Darauf könne sich Schmadtke bewerben, hieß es lapidar, so wie er es schon einmal getan hat, 2001, mit Lebenslauf und Lichtbild, ehe er in dem beinahe bankrotten Klub anfing und ihn nach oben managte.

Offenbar will die Führung ohnehin einen anderen. Jetzt soll die Stelle per Inserat ausgeschrieben werden, gesucht wird ein Kandidat mit sportlichen und kaufmännischen Kompetenzen. Bislang teilen sich Schmadtke und Bernd Maas beide Bereiche, der neue Geschäftsführer wäre beiden vorgesetzt. Kompetenzstreitigkeiten scheinen programmiert. „Sportlich entscheide ich“, sagt Schmadtke vorsorglich, „gegen meinen Willen läuft bei Personalentscheidungen nichts.“

Das galt auch für jenes Geschenk, das Neu-Coach Frontzeck erhielt. Erik Meijer, langjähriger Publikumsliebling, wird Assistent. Ein geschicktes Manöver, denn Frontzeck selbst hat bei den Fans als Ur-Gladbacher einen schweren Stand. Sollte er das heutige Spiel gewinnen, könnte er seine in Aachen äußerst gering geschätzte Vergangenheit mit einem Schlag abschütteln. Es geht gleich gegen Borussia Mönchengladbach.

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