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Sport: Alles Seifenoper, oder was? Erich Ribbeck und Uli Stielike stellen sich den Medien

Die klatschende Ohrfeige für Lothar Matthäus. Die Majestätsbeleidigung des Ciriaco Sforza.

Die klatschende Ohrfeige für Lothar Matthäus. Die Majestätsbeleidigung des Ciriaco Sforza. Die 20 000-Mark-Strafe für den Nachtschwärmer Mario Basler. Der Rücktritt des sieglosen Rainer Bonhof. Differenzen Uli Stielikes mit Erich Ribbeck. Herrschaftszeiten - ist der deutsche Fußball nur noch eine Seifenoper? Die Kameras waren geschultert, die Mikrofone gerichtet, die Kugelschreiber gezückt für eine vermeintlich nächste Folge vor dem "Hotel Kempinski" in Neu-Isenburg-Gravenbruch. Die Nationalmannschaft, der Teamchef und der Trainer trafen sich erstmals nach den Blamagen beim Turnier in Mexiko. Und vor Länderspielen, weiß Uli Stielike mittlerweile, werde immer versucht, Unruhe hereinzutragen. Nur: Diesmal war Stielike selbst der Unruhestifter durch sein "Spiegel"-Interview, in dem er durchaus leichte Meinungsverschiedenheiten mit seinem Chef Ribbeck andeutet: "Wir ticken nicht immer synchron."

Fünf nach zwölf in Neu-Isenburg: Im dunkelbraunen DFB-Anzug und mit offenem Hemdkragen kam Uli Stielike, stellte sich am Hoteleingang den umfangreich vertretenen Medien und stellte klar: "Ich bin nicht für Überschriften und Interpretationen verantwortlich. Wer das Interview sachlich liest, wird feststellen, dass es fachlich richtig ist." Denn synchron gehe es nur in einer Sportart zu: "Beim Schwimmen. Im Fußball aber kann man kontrovers diskutieren und dennoch harmonisch zusammenarbeiten." Bei der Nationalmannschaft gebe der erste Mann die Taktik vor. "Und damit", beteuert Stielike, "habe ich keine Probleme. Im Auswahlteam der unter 18-Jährigen kann ich mich austoben und meine Vorstellungen verwirklichen."

Teamchef Erich Ribbeck kam beim Referat über die beiden anstehenden Europameisterschafts-Qualifikationsspiele gegen Finnland am Sonnabend in Helsinki und gegen Nordirland am nächsten Mittwoch in Dortmund nicht umhin, sein angeblich gestörtes Verhältnis zu seinem Assistenten klarzustellen. "Ich erwarte sogar von meinem Mitarbeiter, dass er sehr kritisch ist und mich aufmerksam macht, wenn etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte. Es gibt überhaupt keinen Grund, warum es bei unserer Zusammenarbeit Schwierigkeiten geben sollte."

Auch, weil natürlich die Kompetenz klar vorgegeben ist. Ribbeck: "Ich bestimme, denn ich stehe absolut in der Verantwortung." Auch über das Vertragsende nach der Europameisterschaft 2000 hinaus? Es wird so viel geredet im deutschen Fußball und dabei so viel missverstanden. Nicht nur Stielike, auch Ribbeck. So sei aus einem Gespräch mit einer Agentur, dass er sich auch über das Jahr 2000 hinaus Gedanken über die Nationalmannschaft machen werde, gefolgert worden, "dass ich mich mit dem Gedanken trage, über 2000 hinaus den Vertrag zu verlängern". Erich Ribbeck dementierte: "Eine Vertragsverlängerung steht überhaupt nicht zur Diskussion und ist auch total unwichtig."

Ob nun die Ohrfeige für Lothar Matthäus, das Interview Uli Stielikes oder sein eigenes Gespräch, alles werde heute aufgebauscht und aufgeblasen. In der neuen Medienlandschaft fühlt sich auch der Moderator Ribbeck (62) offensichtlich nicht mehr so recht wohl. Für seinen 44-jährigen ersten Mitarbeiter wohl auch ein Grund, nicht nach dem höchsten Traineramt im deutschen Fußball zu streben. Uli Stielike, vor einem Jahr nach dem plötzlichen Rücktritt von Berti Vogts für ein paar Stunden bereits DFB-Bundestrainer, ehe ihm Ribbeck vor die Nase gesetzt wurde, auf die Nachfolge direkt angesprochen: "Das kann ich mir im Moment überhaupt nicht vorstellen."

Nicht etwa, weil der Teamchef Ribbeck eindeutig Lothar Matthäus für diese Aufgabe favorisiert. Stielike: "Das ganze Drumherum ist nicht meine Welt." Zu viel Seifenoper. Wem sagt er das . . .

Hartmut Scherzer

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