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Fernando Alonso

© AFP

Alonso: Der einsame Prinz

Formel-1-Weltmeister Fernando Alonso wirkt bei McLaren-Mercedes noch immer etwas deplatziert.

Ein paar Minuten vor ihm ist Lewis Hamilton durch das Fahrerlager gerauscht, mit gut 15 Leuten, die ihn umschwirrten wie Bienen ein Stück Obsttorte. Fernando Alonso dagegen kann unbehelligt zur Zentrale seines Teams McLaren-Mercedes schlurfen, gesenkten Kopfes und nachdenklichen Blickes. Man hat den zweifachen Formel-1-Weltmeister schon enthusiastischer gesehen. Es ist noch nicht allzu lange her, da war er die Obsttorte. Voller Stolz wurde der Spanier vom englisch- deutschen Rennstall präsentiert, der sich dank Alonso endlich wieder die 1 des Weltmeisters aufs Auto malen durfte. Weil er sich nicht seinem Rang entsprechend behandelt fühlte, hatte der 25-Jährige die Verbindung zu Renault gekappt. Doch der Wechsel vor dieser Saison hat sich noch nicht als glückliche Entscheidung erwiesen. Anerkennung hat er auch bei McLaren-Mercedes bislang nicht in dem Maß erhalten, wie er es sich wohl vorgestellt hatte. Der junge Aufsteiger Hamilton führt die WM- und auch die Aufmerksamkeitswertung an. Bei einer Pressekonferenz vor dem Rennen am Nürburgring am Sonntag entfuhr Alonso der Kommentar: „In den ersten vier Fragen ging es noch um mich, danach nur noch um ihn.“

Zarte Andeutungen wie diese lassen erahnen, wie es momentan in Alonso aussieht, der in seiner Heimatregion den Prinz-von-Asturien-Preis für seinen herausragenden Lebenslauf bekommen hat. Er wolle jetzt angreifen und den Rückstand von zwölf Punkten auf Hamilton verkleinern, sagt er. „Ich fühle mich im Auto immer wohler.“ Und im Team? „Da kenne ich inzwischen alle Leute.“ Gut genug zumindest, um zu sagen: „Ich dachte, als Weltmeister würde ich mehr Möglichkeiten oder mehr Unterstützung erhalten.“ Auf die Nachfrage, ob er damit auch mehr Respekt meine, antwortet er zögernd: „Vielleicht.“ Da Alonso in letzter Zeit keine Anfeindungen aus feindlichen Lagern über sich ergehen lassen musste, muss sich wohl sein eigenes Team angesprochen fühlen. Zum Beispiel darauf, dass der Jubel bei Siegen des Briten Hamilton immer etwas lauter scheint. Oder darauf, dass Alonso vor kurzem bei Testfahrten zwei Tage lang nichts sagen durfte, weil er offenbar niemanden im Team erreichen konnte, um eine Genehmigung für öffentliche Statements zu erhalten.

Norbert Haug bemüht sich sehr, den Eindruck zu entkräften, der Weltmeister sei im Team nur noch ein Star zweiter Klasse. „Fernando ist weiterhin der Maßstab“, sagt der Mercedes-Motorsportchef. Hamilton sei zwar im Team groß geworden, aber „es ist nicht so, dass er unser Lieblingsfahrer ist und wir ihn viel, viel lieber mögen. Wir freuen uns nicht weniger, wenn Alonso gewinnt.“

Zueinander pflegen beide Fahrer laut Hamilton ein respektvolles Verhältnis. Für einen „Bruderkrieg“, wie ihn spanische und englische Medien ausgerufen haben, gibt es tatsächlich keine Anzeichen. „Wer die beiden gemeinsam an der Playstation spielen sieht, weiß, dass das Unsinn ist“, sagt McLaren-Chef Ron Dennis. Meistens spielen sie dann aber kein Formel-1-, sondern ein Basketballspiel, sagt Hamilton. „Fernando gewinnt ständig. Aber nur, weil er das Spiel zu Hause hat und dauernd übt.“ Mitarbeit: Karin Sturm

Christian Hönicke[Nürburgring]

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