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Zweite Chance. Rafinha hat 2008 gegen Schweden sein erstes und bisher einziges Länderspiel für Brasilien bestritten.

© Imago

Als Drecksarbeiter zur WM: Rafinha hofft auf einen Platz in Brasiliens Team

Durch seine guten Leistungen beim FC Bayern München ist Rafinha wieder ein Kandidat für die brasilianische Nationalmannschaft. Die WM 2014 im eigenen Land könnte seine letzte große Chance in der Selecao sein.

Von Johannes Nedo

Die jungen Autogrammjäger im Johannesburger Soccercity-Stadion schauen sich unschlüssig an. Gerade kommt ein brasilianischer Nationalspieler aus dem Spielertunnel, das ist sicher. Er trägt ein neongelbes Trainingsshirt, eine grüne Hose und neongelbe Stutzen. Nur wer ist es? Ein kleiner Typ mit etwas schütterem Haar. Sie haben keine Ahnung. Woher sollen sie es auch wissen, vor ein paar Wochen hätte nicht mal der Spieler selbst damit gerechnet, dass er zu diesem erlauchten Kreis gehören würde.

Doch nun ist Rafinha mittendrin. Am Mittwochabend bestreitet Brasilien gegen Südafrika sein letztes Testspiel, bevor der Nationaltrainer Felipe Scolari Anfang Juni den Kader für die Heim-Weltmeisterschaft bekannt gibt. Wer hier dabei ist, darf wirklich darauf hoffen, auch in drei Monaten zum WM-Kader zu gehören. Das gilt auch für den Rechtsverteidiger von Bayern München, auch wenn sein letztes und bisher einziges Länderspiel für die Selecao sechs Jahre zurück liegt – eine Freundschaftspartie gegen Schweden. Jetzt ist alles anders. Brasiliens Großereignis steht bevor, und nun wurde auch Rafinha am Dienstag während des Abschlusstrainings vor die aufgeregten Journalisten geschoben.

„Das ist meine letzte Chance, den Trainer zu beeindrucken“, sagt der 28-Jährige. Er antwortet kurz, ständig wiederholt er, dass er unbedingt bei der WM dabei sein will. Rafinha wirkt angespannt. Auch abseits der Kameras. Das erste, das er im Gespräch auf Deutsch sagt, ist zwar: „Ich fühle mich super. Es ist ein Traum. Und die große Aufmerksamkeit ist nichts Neues für mich, das kenne ich doch vom FC Bayern.“ Aber dann schiebt der frühere Schalker sofort hinterher: „Ich muss unbedingt einen guten Eindruck hinterlassen.“

Scolari hat sich mit Kommentaren zu Rafinha bisher zurückgehalten

Rafinha würde wohl auch als Plastikfigur für das Freistoßtraining bereitstehen, wenn er doch nur zu der Mannschaft gehören könnte, die am 12. Juni das WM-Eröffnungsspiel gegen Kroatien absolviert. Der Stammplatz auf der rechten Abwehrseite ist zwar für Dani Alves vom FC Barcelona reserviert, weil Scolari in seinem Kader aber jede Position unbedingt doppelt besetzen will, darf Rafinha hoffen.

Scolari hat sich mit Kommentaren zu Rafinha bisher zurückgehalten. Diesmal sagte er: „Ich beobachte ihn. Er arbeitet bei Bayern München sehr gut.“ Dass Scolari Rafinhas Spiel als Arbeit beschreibt, entspricht genau dem, was er von einem Teil seines Teams erwartet. Er will Spieler, die die Drecksarbeit für Künstler wie Neymar und Oscar erledigen.

Rafinha hat bei Bayern schon sechs Tore vorbereitet

Dass Rafinha zu dieser Kategorie Spieler gehört, wussten Scolari und seine Vorgänger schon lange. Doch als Profi bei Schalke, dem FC Genua und auch in den ersten zwei Jahren beim FC Bayern durfte er sich nie in wichtigen Partien für die Nationalelf beweisen. Umso erstaunter war er, dass er von Scolari nominiert wurde. „Wenn ich sagen würde, ich habe es erwartet, wäre es eine Lüge“, betont Rafinha. Doch während dieser Saison hat der Rechtsverteidiger nicht nur als Drecksarbeiter, sondern zudem als exzellenter Flankengeber überzeugt. Sechs Tore bereitete er bisher schon vor. Überhaupt hat Rafinha eine Wandlung genommen. Blieb ihm in den vergangenen zwei Spielzeiten nur die Nebenrolle als Ersatz von Philipp Lahm, ist er nun Stammspieler.

Seit Münchens Trainer Pep Guardiola Lahm in das defensive Mittelfeld verschob, spielt Rafinha auf der rechten Seite groß auf. „Dank Guardiola weiß ich was ich tun muss, um jeden Tag besser zu werden“, lobt der Brasilianer seinen Vereinstrainer. Nun hat Rafinha auch für Scolari nur die besten Worte: „Er hat mich sehr herzlich begrüßt und angedeutet, dass ich gegen Südafrika spielen werde.“ Und wenn es nach Rafinha geht, werden danach alle jungen Autogrammjäger seinen Namen rufen.

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