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Sport: Als Duisburg in Italien lag

Vor einem Jahr gastierte der spätere Weltmeister im Landhaus Milser – noch immer erinnert viel daran

Antonio Pelle seufzt. „Ja, heute vor einem Jahr hat alles begonnen.“ Dann kommt der Frühfünfziger gar nicht mehr raus aus dem Reden. Was heißt reden. Er singt fast. Eine italienische Oper. Vor einem Jahr kam die italienische Nationalmannschaft in das Landhaus Milser. Und blieb fünf Wochen, ja, kam sogar nach dem WM-Sieg noch mal zum Feiern in das 4-Sterne-Hotel, das der seit drei Dekaden in Deutschland lebende Pelle gemeinsam mit Rolf Milser betreibt, dem Olympiasieger im Gewichtheben von 1984. „Eine Ehre war das“, sagt Pelle. „Unglaublich!“

Begonnen hatte die Geschichte schon am 5. Januar 2004. „Da habe ich gesagt, dass die Italiener bei uns wohnen werden“, erzählt Pelle. Das war kurz nach einem Anruf von Nello de Martino, dem Torwarttrainer von Hertha BSC. „Nello hat gesagt: Ruf den italienischen Verband an, die wollen dich sprechen.“ Huub Stevens, früher Trainer in Schalke und dann bei Hertha, habe sein südlich von Duisburg gelegenes Hotel empfohlen. Wenig später war Pelle dann schon in der Verbandszentrale in Rom. Das war es dann aber noch nicht. „Sechs oder sieben Mal waren die dann noch bei uns im Hotel, alle vier Monate kamen vier neue Männer vorbei.“ Irgendwann bekam er dann den Zuschlag und musste sogar den Spaniern absagen. „Die waren auch ganz heiß auf unser Hotel.“ Aber Italien ging natürlich vor.

57 Italiener hatten ihr Quartier im Landhaus Milser. „Wir haben die Tag und Nacht betreut“, sagt Pelle. Und: „In einem normalen deutschen Hotel hätten die diesen Erfolg nicht gehabt.“ Italienisches Organisationstalent eben. Ob mal schnell Frau Materazzi vom Flughafen abgeholt werden musste samt Anhang und Gepäck. Oder ob die Spieler zum Golfplatz kutschiert werden mussten. Am Anfang habe er Schweißausbrüche gehabt, sagt Pelle. Und dann die italienische Presse, die behauptet habe, dass alle weiblichen Hotel-Mitarbeiter in den Urlaub geschickt worden wären. „Das stimmte natürlich nicht.“ Unmittelbar nach den Spielen durften Freunde und Familien der Spieler vorbeischauen, 120 bis 250 zusätzliche Gäste. Großveranstaltungen waren das.

Am Ende wurde aber alles ein Selbstläufer, sagt Pelle. So, wie das bei der Mannschaft dann auf dem Platz auch der Fall war. Trainer Marcello Lippi habe ihm gesagt: „Es gibt keine Mannschaft, die uns schlagen kann.“ Das zweitschönste für Hotelier Antonio Pelle nach dem WM-Titel für sein Heimatland war, dass die Italiener vom Finale in Berlin nicht gleich nach Hause flogen – sondern im Landhaus Milser vorbeischauten. „Vor dem Hotel warteten 6000 italienische Fans, um vier Uhr morgens kam die Mannschaft an und feierte bis um 11 Uhr durch.“ Dann ging es weiter nach Rom, und natürlich haben sie Pelle gefragt, ob er mitkommen wolle. Keine Chance, „wir mussten aufräumen.“ Ein wenig deutsche Gründlichkeit hat dann doch auf ihn abgefärbt.

Was ist geblieben außer der Erinnerung? Eine Fahne an der Tür, eine silberne Plakette am Aufzug, zwei Bilder im Restaurant und über 50 Bilder in der Pianobar. „Das Hotel ist zu einem Wallfahrtsort für italienische Fans geworden“, sagte Pelle. „Die wollen dann zum Beispiel im Zimmer von Materazzi schlafen.“ Und die Stars von damals? Schauen die auch einmal vorbei? Hotelier Pelle hofft es. Für den 9. Juli plant er eine Jubiläumsfeier. „Und der Lippi schaut vielleicht vorbei.“

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