zum Hauptinhalt
Brille auf. Union-Präsident Dirk Zingler blickt nach vorn. Foto: Matthias Koch

© Matthias Koch

Sport: Alte Försterei nun in VereinshändenGroßanleger geben Union Stadion-Aktien zurück

Berlin - Aktionäre und Aktionärinnen. Sperrige Worte, an die sich Dirk Zingler erst noch gewöhnen muss.

Berlin - Aktionäre und Aktionärinnen. Sperrige Worte, an die sich Dirk Zingler erst noch gewöhnen muss. Normalerweise spricht er in der Ballsporthalle Hämmerlingstraße als Präsident des 1. FC Union, aber am Dienstagabend ist er als Aufsichtsratschef der „An der Alten Försterei Stadionbetriebs AG“ auf dem Podium. Dass Zingler nicht gleich Zingler ist, macht er gleich zu Beginn der ersten Hauptversammlung der Aktiengesellschaft klar. „Wir sind ein Fußballverein und Mitgliederversammlungen gewohnt. Normal reden wir über alles und jeden. Heute bewegen wir uns aber eng im Aktienrecht und reden hauptsächlich über das Geschäftsjahr 2011/12.“

Neben Zingler haben unter anderem Oskar Kosche und Dirk Thieme Platz genommen. Auch sie sind an diesem Abend in anderer Funktion anwesend. Unions Geschäftsführer Kosche und Präsidiumsmitglied Thieme werden von den kleinen Namensschildern vor ihnen als Vorstandsmitglieder der Stadionbetriebs AG ausgewiesen. Das ist gewöhnungsbedürftig und sorgt später noch für Verwirrung im Saal. Nämlich dann, wenn es um das Hauptanliegen der Veranstaltung geht.

Zuerst setzt Zingler aber eine Brille auf und verliest erste Bilanzen. Die Zahlen beinhalten keine negativen Überraschungen, alles im Rahmen. Auch Thieme und Kosche haben Positives zu vermelden. „Der Zustand der AG ist als äußerst stabil einzuschätzen“, sagt Kosche. Die 468 anwesenden Aktionäre sind zufrieden.

Das ändert sich erst, als es Richtung Hauptanliegen geht. Die drei größten Aktionäre „Röfa“, „Hinze Stahl“ und „VierC“ wollen ihre Aktien dem Verein übertragen. Alle Firmen befinden sich in den Händen von Vorstandsmitgliedern des 1. FC Union. „Röfa“ ist die Firma von Dirk Zingler, „Hinze Stahl“ gehört zu Jörg Hinze und „VierC“ zu Hans Joachim Lesching.

Als man beim Berliner Zweitligisten vor einem Jahr beschloss, das Stadion An der Alten Försterei per Aktienausgabe in die Hände der Anhänger zu geben, war die Idee, die Mehrheit der Aktien als Streubesitz zu verteilen. Dadurch soll verhindert werden, dass sich ein finanzkräftiger Investor einkauft und beispielsweise den Stadionnamen ändert.

Durch die Übertragung der Aktien an den Verein würde der 1. FC Union aber mehr als die Hälfte auf sich vereinen. Die Streubesitzer hätten dann nur noch ein Minderheitenrecht. So fragt der erste Redner aus dem Publikum besorgt: „Was ist, wenn der Vorstand wechselt? Dann hätte der Verein die Mehrheit.“ Die Frage richtet sich an Dirk Thieme. Der sagt: „Ich sitze hier heute nicht als Vereinsvertreter, sondern als Vorstand der Stadionbetriebs AG und kann mich deshalb zu dem Geschäft zwischen zwei Aktionären nicht äußern.“ Leichtes murmeln. Der Redner ist enttäuscht und verweigert für später die Zustimmung. Dirk Zingler merkt, dass es sich hier um eine Schlüsselsituation handeln könnte und greift zu einem drastischen Beispiel. „Was ist, wenn ich nachher draußen ausrutsche und mir das Genick breche? Dann fallen meine Aktien in die Hände meiner Kinder und was die damit machen, weiß ich nicht. Ich bin der Meinung, dass die Aktien beim Verein besser aufgehoben sind als bei Privatpersonen und Firmen.“

Die Worte verfehlen ihre Wirkung nicht, die Aktienverschiebung wird anschließend mit 99,7 Prozent an Ja-Stimmen beschlossen. Erleichterung auf dem Podium. Die restlichen Tagesordnungspunkte wie die Vorstandswahl der Stadion AG werden zum Selbstläufer.

Am Ende freut sich Zingler, dass er endlich mal den Uli Hoeneß machen kann. Wie der Bayern-Präsident zeigt sich Zingler spendabel und ruft für die Aktionäre Freibier und Würstchen aus. Der Rest ist seeliges Schmatzen.Sebastian Stier

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false