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Der König war weg, es lebe der König. Er führt wieder den Klub.

© dpa/Hildenbrand

FC Bayern München: Uli Hoeneß ist wieder Präsident - aber ein anderer

Er ist wieder ganz oben. Früher ging Hoeneß mit hochgekrempelten Ärmeln und Schweißtropfen auf der Stirn in den rhetorischen Nahkampf. Ein Kommentar.

Das ist schon eine ziemlich schräge Doppelmonarchie da unten in Bayern. Mit einem nach Korruptionsvorwürfen schwer angeschlagenen Kaiser als Ehrenpräsident und einem König im Amt des tatsächlichen Präsidenten, den das Volk preist und liebt und verehrt, trotz seines Fehltritts in den Strafvollzug. 987 Tage nach seiner zwischenzeitlichen Abdankung steht dieser Uli Hoeneß dem FC Bayern München wieder als Präsident vor. Die Jahreshauptversammlung hat ihn mit überwältigender Mehrheit gewählt und mit Ovationen gefeiert. Mia san mia, stärker wia … genau!

Franz Beckenbauer und Uli Hoeneß haben die Bayern groß gemacht. Der eine mit seinem Genie auf dem Fußballplatz, der andere mit seinem Weitblick für das strategische Geschäft. Beckenbauer war die überragende Persönlichkeit der Ausnahmemannschaft der Siebziger Jahre, in denen der FC Bayern zum Weltklub aufstieg. Aber als er 1977 nach New York weiterzog, war der Weltklub so gut wie pleite. Erst der zwei Jahre später zum Manager bestellte Hoeneß hat den FC Bayern zu dem gemacht, was er heute ist. Zum einzigen und unumstrittenen Global Player des deutschen Fußballs.

Der Verein ist Hoeneß’ Lebenswerk, da war die Rückkehr ins Präsidentenamt nach der strafvollzugbedingten Zwangspause nur logisch. Die Wahl am Freitag in der Münchner Basketballarena war ein erster Schritt. Der zweite dürfte im Januar erfolgen, wenn Hoeneß auch wieder den Vorsitz des Aufsichtsrates übernehmen wird. Die Debatte um die moralische Eignung des vorbestraften Steuerbetrügers zur Führung des Klubs wird so leidenschaftlich wie unberechtigt geführt. Hoeneß hat seine Strafe bekommen und seine Schuld akzeptiert, und selbstverständlich gilt auch für Steuerbetrüger das Prinzip der Resozialisierung.

Der frühere Hoeneß ging mit hochgekrempelten Ärmeln und Schweißtropfen auf der Stirn in den rhetorischen Nahkampf

Natürlich bekommt nicht jeder vormalige Straftäter eine Chance, wie sie Hoeneß jetzt bekommt. Aber darf sie ihm deshalb verwehrt bleiben? Und: Nein, niemand würde Klaus Zumwinkel noch einmal die Führung eines größeren Unternehmens antragen. Der Aufsichtsrat der Deutschen Post würde seinen ehemaligen Chef schon mal deshalb nicht zu einem Da Capo überreden, weil er in diesem Fall reichlich Ärger mit seinen Aktionären bekäme. Das ist der große Unterschied zum Fall Hoeneß und dem FC Bayern, bei dem die Mitglieder die Rolle der Aktionäre übernehmen. Diese Basis hat Uli Hoeneß mit aller Macht gewollt.

Aber es ist ein anderer Hoeneß, der am Montag die Geschäfte aufnehmen wird. Der frühere Hoeneß ging mit hochgekrempelten Ärmeln und Schweißtropfen auf der Stirn in den rhetorischen Nahkampf und verschaffte dem anonymen Fußballkapitalismus eine menschliche Erdung. Er stritt stets mit der unangreifbaren Autorität des moralischen Überzeugungstäters, der immer zwar zuvorderst den Vorteil seines Klubs im Auge hatte, aber auch immer ein bisschen das Wohl der Allgemeinheit. Diese Autorität ist verloren gegangen. Die Steueraffäre hat Hoeneß seiner stärksten Waffe beraubt, der Glaubwürdigkeit und moralischen Integrität.

Das ist kein Widerspruch zu seinem Anspruch auf Resozialisierung. Aber dieser Anspruch ist ein vom Gesetzgeber vorgegebener und will in der Wirklichkeit mit Leben gefüllt werden. Kann das funktionieren? Bei jedem Streit streitet und bei jeder Debatte debattiert künftig ein anderer Hoeneß. Einer, der die Allgemeinheit nicht mit Wohltaten bedacht, sondern betrogen hat. Publikum wie auch die Gegnerschaft wird Hoeneß’ bedingungslosen Einsatz für sein Lebenswerk nicht mehr unvoreingenommen betrachten. Das ist nicht fair, aber menschlich. Und in der Sache kontraproduktiv für die Amtsführung des Präsidenten. Der neue Hoeneß kann die Schlachten nicht mehr schlagen, wie der alte sie mal geschlagen hat.

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