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Sport: Altersteilzeit für Handballprofis

Spaniens Trainer Pastor hat ungewöhnliche Ideen – sein Team besiegt Deutschland beim Supercup 28:27

Mit seinen Paraden bringt David Barrufet die Angreifer im internationalen Handball bei jedem großen Turnier zur Verzweiflung. Das ist bei Spielen seines Klubs FC Barcelona so, aber vor allem für die spanische Nationalmannschaft ist der 35 Jahre alte Katalane so etwas wie die Rückversicherung. Das war auch gestern zu beobachten, als sein Team beim 14. Handball-Supercup im Spiel um Platz fünf 28:27 (16:16) gegen Deutschland gewann. Seine Leistung gab in Halle/Westfalen den Ausschlag, dass der Weltmeister sich durchsetzte und Deutschland, trotz der acht Treffer von Andrej Klimowets das Turnier mit der dritten Niederlage abschloss. Im heutigen Finale in Hannover stehen Schweden und Frankreich.

„Ich bin nicht einmal unzufrieden“, sagte Bundestrainer Heiner Brand zum Abschneiden seines Teams, das im ersten Gruppenspiel bei der EM in der Schweiz im Januar erneut auf Spanien treffen wird. Dann wird die deutsche Mannschaft, zu der nur zwei Silbermedaillengewinner der Olympischen Spiele 2004 gehörten, erneut versuchen müssen, den Weltklassetorhüter zu überwinden. Nur vor einem Mann hat selbst Barrufet unglaublichen Respekt: Juan Carlos Pastor. „Wenn er sagt, rennt gegen die Mauer, dann rennen wir gegen die Mauer“, sagt er über den kleinen Nationaltrainer, der seit dem Gewinn des WM-Titels im Januar 2005 in Tunesien in Spanien große Achtung genießt. Bevor er das Amt von Cesar Argyles übernahm, dem das Viertelfinalaus bei Olympia 2004 gegen Deutschland nicht verziehen wurde, hatte Spanien nur viele gute Spieler. In Tunesien aber traten sie plötzlich auch als geschlossenes Team auf.

Auf einer Tagung der Bundesligatrainer in der kommenden Woche wird Juan Carlos Pastor zum Thema „Angriffsstrukturen und Abwehrverhalten“ einen Vortrag halten. Dabei wird er auch Einblicke in den Handballsport in Spanien geben. Dort hat er für ältere Auswahlspieler die Altersteilzeit eingeführt, so dass Stars wie der 35-jährige Mateo Garralda ihre Kraft für Großereignisse sparen können. Interssieren dürfte die Bundesligatrainer auch, dass die spanischen Nationalspieler in der Regel in der Liga Asobal spielen, der höchsten Klasse des Landes. Ausnahmen gibt es wenige, wie etwa Demetrio Lozano, der bis zum Vorjahr beim THW Kiel unter Vertrag stand. Beim Supercup war kein Spanier dabei, der nicht bei Barcelona, Ciudad Real, San Antonio, Ademar oder Valladolid spielt. Zudem haben sich die Vereine eine freiwillige Ausländerbeschränkung auferlegt.

Zehn Jahre nach dem Bosman-Urteil verlangt die EU in ihren Gesetzen, dass für alle Bürger aus EU-Staaten die Freizügigkeit bei der Wahl ihres Arbeitsplatzes garantiert werden muss. Es gibt in der Asobal natürlich ausländische Stars, aber nicht so viele wie in der deutschen Bundesliga. Dort fordert Bundestrainer Brand immer wieder vehement eine Quote für deutsche Spieler. Vom Spitzenklub Flensburg-Handewitt etwa kann er keinen Feldspieler aufbieten, denn es gibt dort keinen mit deutschem Pass. Kreisläufer Dirk Beuchler hat in Spanien bei San Antonio und Algeciras in der zweiten Liga gespielt. In die deutsche Nationalmannschaft hat er es jedoch nicht geschafft, weil bis Olympia 2004 der Lemgoer Christian Schwarzer unumstritten die Nummer eins auf dieser Position war. Mittlerweile ist Beuchlers große Zeit vorbei, aber die Zeit in Spanien möchte er nicht missen. „Es gibt ein Sprichwort“, sagt er, „der Deutsche lebt, um zu arbeiten, der Spanier arbeitet, um zu leben.“ Das trifft auch auf die spanischen Handballer zu, die beim Supercup Motivationsprobleme hatten. Nur Letzte wollten sie auf keinen Fall werden, und das haben sie schließlich geschafft – vor allem dank Barrufet.

Hartmut Moheit[Halle, Westfalen]

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