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Sport: Amtsmüde, nicht müde

Wie Theo Zwanziger sein umstrittenes Buch beim Tagesspiegel in Berlin vorstellte.

Berlin - Entspannt sieht Theo Zwanziger nicht aus: Die Augen hat er zusammen gepresst, einen Mundwinkel nach unten gezogen. Unruhig sitzt er da, spreizt die Beine immer wieder auseinander und zieht sie wieder zusammen. Den Oberkörper hat er nach hinten in den Sessel gedrückt, es sieht aus, als würde die Fliehkraft ihn nach hinten drücken. Theo Zwanziger hält sich zurück, Kritik versucht er wegzulachen. Wenn er auf Fragen antwortet, dann oft in Monologen.

Am Mittwochabend hat der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger im Verlagshaus des Tagesspiegels sein Buch mit dem wenig bescheidenen Titel „Die Zwanziger Jahre“ vorgestellt. Zehn Kamerateams und rund 150 Zuschauer sind gekommen. Einer ist nicht da: Günter Netzer war fürs Podium vorgesehen, doch er sagte per Fax ab. Die aktuelle Debatte über das Buch habe diesen offenbar irritiert, glaubt Zwanziger: „Ich kann seine Entscheidung verstehen.“

Erste Auszüge aus dem Buch hatten heftige Diskussionen ausgelöst. Zwanziger musste schon eine Menge Kritik einstecken: von Uli Hoeneß, Jürgen Klinsmann und seinem Nachfolger Wolfgang Niersbach. Weil er ihnen in seinem Buch zu nahe getreten ist – glaubt Zwanziger. Er selbst übt sich in Frieden, redet an diesem Abend lieber über die Verdienste seiner Kritiker, allen voran die von Niersbach: „Ich weiß, dass er große Stärken hat, er hat mich als Generalsekretär professionell unterstützt.“ Zwanziger habe so die Möglichkeit gehabt, das gesellschaftspolitische Profil des DFB zu schärfen. „In seiner Präsidentschaft“ – Zwanziger meint die seines Nachfolgers – „ist es die Aufgabe, diesen Teil nicht zu vernachlässigen.“

In der ersten Reihe blickt Zwanziger in bekannte Gesichter – wie das von DFB-Schatzmeister Horst R. Schmidt, vom ehemaligen Präsidenten des Berliner Fußballverbands, Otto Höhne, und Hans-Georg Moldenhauer – alte Freunde aus alten DFB-Zeiten, aus den Zwanziger Jahren. Auf dem Podium fragt Tagesspiegel-Sportchef Robert Ide immer wieder nach, Grünen-Chefin Claudia Roth steht Zwanziger bei. Beide verbindet eine sportpolitisch heikle Reise ins abgeschottete Nordkorea und eine lange Freundschaft. CDU-Mann Zwanziger und Roth – es wirkt wie eine schwarz-grüne Koalition der Abgewählten.

Ihm gehe es nicht ums Nachtreten, sagt Zwanziger in großväterlichem Ton. „Mein Buch ist eine Liebeserklärung an den Fußball und keine Abrechnung.“ Zwei Dinge seien ihm wichtig: „die gesellschaftliche Rolle des Fußballs und die Achtung des Ehrenamts“. Die Qualität der Arbeit dürfe sich nicht danach richten, „ob sie bezahlt wird“. Diese Arbeit soll nun, so wünscht es sich Zwanziger, der neue DFB-Präsident Niersbach fortführen, denn: „Meine Zeit im Sport ist zu Ende.“

Die Zeit vor der WM 2006 habe viel Kraft gekostet. Obwohl Zwanziger weiterhin im Exekutivkomitee der Fifa tätig ist, in dem er dem Absolutherrscher Joseph Blatter eine Menge „Reformwillen“ unterstellt, hat er bei sich selbst längst Amtsmüdigkeit diagnostiziert. Endgültig klar wurde Zwanziger das bei der zunächst gescheiterten Vertragsverlängerung mit Bundestrainer Joachim Löw im Jahr 2010, wie er rückblickend zugibt: „Das war mein größter Fehler.“ Jan Mohnhaupt

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