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Sport: An der Schnittstelle

In der Regionalliga treffen die Differenzen zwischen Profis und Amateuren am heftigsten aufeinander

Am Wochenende könnte es in der Regionalliga Nord wieder Ärger geben. Das liegt daran, dass dann ein aktueller Vizeweltmeister, 32 Jahre alt, 35 Länderspiele, in der Dritten Liga zum Einsatz kommen wird. Marko Rehmer soll nach seiner neunwöchigen Sperre mit den Amateuren von Hertha BSC bei Holstein Kiel spielen. Falko Götz, der Cheftrainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, hat das bereits angekündigt. Und Rehmer ist nicht der erste namhafte Profi, der bei den Amateuren Spielpraxis sammeln muss. Lars Ricken hat zuletzt häufiger in der Regionalliga gespielt als in der Bundesliga, Bastian Schweinsteiger pendelt zwischen Nationalmannschaft und Bayerns Amateuren, und auch Sebastian Deisler hat im Frühjahr einige Regionalliga-Kampfbahnen kennen gelernt.

Am Wochenende beim Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) haben rund 500 Fans von Traditionsklubs in Osnabrück gegen die Zustände in der Regionalliga protestiert. Sie klagen vor allem über Wettbewerbsverzerrung. Nach der gültigen Regelung dürfen die Amateurteams der Bundesligaklubs unbegrenzt Profis unter 24 Jahren einsetzen, dazu drei Profis, die älter sind. Als die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund im September gegen den VfL Osnabrück in der Regionalliga spielte, standen beim BVB sechs Profis auf dem Platz.

Aber das ist nur eines der Probleme, die die eigentlichen Amateurvereine in der Regionalliga beklagen. Die zweiten Mannschaften der Profiklubs „bringen in der Regel nicht einen einzigen Auswärtsfan mit“, hat Lothar Gans, der Manager des VfL Osnabrück, dem Fußballmagazin „11 Freunde“ gesagt. Als seine Mannschaft am Wochenende bei Eintracht Braunschweig spielte, kamen 14 500 Zuschauer zu diesem Niedersachsen-Duell, bei Herthas Amateuren gegen Wuppertal waren es 455. Sogar der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff hat sich beim Bundestag für die Belange der Amateurklubs ausgesprochen und die Profivereine aufgefordert, auf ihren Anteil am Fernsehgeld zu verzichten.

Inzwischen spielen elf zweite Mannschaften von Profivereinen in den beiden Regionalligen. Die sind damit die Schnittstelle, an der die unterschiedlichen Interessen von Profis und Amateuren im deutschen Fußball am heftigsten aufeinander treffen. Das liegt vor allem daran, dass die Regionalliga zunehmend ein Zwitterdasein führt: „Sie ist Talentförderliga für die Profivereine und Spitzenliga für Amateurvereine“, hat Gerhard Mayer-Vorfelder, der Präsident des DFB, beim Bundestag gesagt.

Das Problem stand in Osnabrück eigentlich auf der Tagesordnung, eine Lösung aber wurde auf Betreiben der Profis erst einmal vertagt. Die Amateurvertreter waren zwar beim Bundestag in der Mehrheit, Werner Hackmann, der Präsident der Deutschen Fußball-Liga, hat aber deutlich gemacht, dass die Profis eine Reform der Regionalliga mit ihrer Sperrminorität auf jeden Fall verhindert hätten. „Wir sind dafür, einen Konsens zu finden“, sagte Hackmann. DFL und DFB haben sich darauf verständigt, eine Kommission einzurichten, die sich dieses Themas annimmt. Mayer-Vorfelder hofft, „bis zum Frühjahr 2005 zu Lösungen zu kommen“.

Die Radikallösung wäre, dass überhaupt keine zweiten Mannschaften mehr in der Regionalliga spielen dürfen. Doch das ist utopisch. Für die Bundesligisten ist die Regionalliga wichtig, um Talente aus der Jugend an die Profis heranzuführen. Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern München hat sogar gefordert, den Aufstieg der B-Mannschaften in die Zweite Liga zuzulassen – wohl auch, um den Amateuren zu signalisieren, welche Folgen ein Konfrontationskurs hätte.

Vertagt ist auch der Antrag, die zweiten Mannschaften nicht mehr zum DFB-Pokal zuzulassen. Auch darin machen sie sich immer stärker breit. In diesem Jahr waren in der ersten Hauptrunde gleich sieben Klubs doppelt vertreten. Und auch nach zwei gespielten Runden ist es theoretisch immer noch möglich, dass es im nächsten Mai in Berlin ein Finale Bayern München gegen Bayern München gibt.

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