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Einer trage des eigenen Last. Trainer Louis van Gaal erwartet keine Treueschwüre von den Bossen – zumal sogar die Qualifikation zur Champions League in Gefahr ist. Foto: dapd

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Sport: An Größe verloren

Die Bayern werden nicht mehr Meister, Pokalsieger auch nicht – weil Trainer Louis van Gaal starr an seiner Idee festhält

Wenn dieser Mann mit fester Stimme sagt, dass nun alles verloren ist, dann ist wirklich alles verloren – und zwar nicht nur, weil es der Kapitän ist, der hier spricht. Philipp Lahm war elf Jahre alt, als er von der Freien Turnerschaft München Gern zum FC Bayern wechselte. Er kennt diesen großen deutschen Fußballverein also nach mehr als 15 Jahren ziemlich gut. Sein Fazit nach dem 0:1 im DFB-Pokal-Halbfinale gegen Schalke 04 lautete: „Wenn der FC Bayern nicht Deutscher Meister wird und nicht den Pokal gewinnt, dann ist die Saison nicht mehr zu retten.“ Kleingeister mögen einwenden, da sei doch noch dieser Dings, dieser internationale Wettbewerb. Doch diesen paar Seelen schleudert der Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge entgegen: „Wir sollten jetzt nicht anfangen zu träumen und die Parole ausgeben, die Champions League zu gewinnen. Wir haben gerade mal das erste Spiel im Achtelfinale hinter uns. Das Rückspiel wird ganz schwer, und das ist auch noch ganz weit weg.“

Ganz nah ist das Bundesligaduell des Vierten und des Dritten der Tabelle. Der Auftritt bei Hannover 96 ist nun unversehens „das wichtigste Spiel der Saison“, sagt Lahm. „Es wird sehr, sehr schwierig werden bis Samstag, da werden viele Gespräche nötig sein. Aber es geht um die Chance auf Platz zwei.“ Den letzten kümmerlichen Trost, den die Bayern aus dieser Saison noch ziehen können – wenn ab jetzt alles gut läuft. Vor einer Woche, nach den Siegen in Mainz und vor allem in Mailand, war noch alles ziemlich wunderbar. Nach den Pleiten gegen Schalke und Dortmund braut sich über der Säbener Straße einiges Unheil zusammen.

Vor allem droht ein Thema wieder aufzukommen, das die Bayern so gern vermeiden würden: die Trainerfrage. Zwar sagte Karl-Heinz Rummenigge nach dem Pokal-Aus: „Es ist unser erklärtes Ziel, dass wir keine Unruhe machen werden. Ich führe diese Diskussion nicht, und ich habe auch nicht den Eindruck, dass sie sonst jemand beim FC Bayern führt.“ Ob wirklich niemand diese Diskussion führt? Schließlich hallen noch die Worte nach, die Vereinspräsident Uli Hoeneß Ende Januar sprach: „Wenn ich spüre, dass die Champions-League-Qualifikation in Gefahr ist, dann werde ich unruhig, das war ja auch bei Klinsmann so.“ Und mit dem nahm es dann bekanntlich ein schnelles und ungutes Ende. Der aktuelle Trainer Louis van Gaal erwartet keine Treueschwüre: „Ich weiß, dass es immer so sein wird: Wenn man zweimal hintereinander wichtige Spiele verliert – und das waren die wichtigsten Spiele –, dann wird diese Frage gestellt.“ Aber, ergänzt er, „das entscheidet der Vorstand, und das muss auch so sein. Ich mache meine Arbeit, und ich denke, ich mache sie gut.“

Doch daran, wie gut van Gaal sie noch macht, mehren sich Zweifel. Er machte es den Schalkern leicht: Dortmund hatte nahezu perfekt gezeigt, wie das Bayernspiel auszuhebeln ist – und diese Schablone legte auch Gästetrainer Felix Magath an. Sie passte, weil Louis van Gaal es verpasste, in dem offen liegenden Buch eine Seite umzuschlagen, den Gegner mit taktischen Veränderungen zu überraschen. Ganz einfach wäre das auch nicht umzusetzen, weil die beiden Schlüsselspieler Franck Ribéry und Arjen Robben hochspezialisierte Fachkräfte sind, die man nicht ohne Risiko mit modifizierten Aufgaben betrauen kann. Aber Louis van Gaal ist bisher auch gar nicht gewillt, vom eigenen Matchplan abzuweichen, der auf möglichst viel Ballbesitz beruht und der Hoffnung, dass daraus automatisch zwingende Aktionen entstehen. Es wird spannend zu sehen, ob van Gaal auch in Hannover seine Linie durchzieht.

Gegen Schalke trat überdies ein Konstruktionsfehler im Kader des FC Bayern zutage: die Körpergröße. „Wir haben eine kleine Mannschaft“, sagt van Gaal. Die Bayern hatten sich vorgenommen, gegen die physisch starken Schalker hinten „Standardsituationen zu vermeiden“, erzählt Philipp Lahm. Das Gegentor durch Raúl fiel nach einer Ecke. Aber Louis van Gaal sagt immer noch, er habe für diese Saison keine neuen Abwehrspieler gebraucht.

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