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Peking 2008 - Tennis

© dpa

Analyse: Was Rafael Nadal so stark macht

Die neue Nummer eins im Herren-Tennis ist auch Olympiasieger. Rafael Nadal besiegte im Finale von Peking den Chilenen Fernando Gonzalez souverän in drei Sätzen. Am Montag löst der Spanier Roger Federer an der Spitze in der Weltrangliste ab. Verdient, wie Jörg Leopold findet.

Wimbledon-Finale 2008, vierter Satz: Rafael Nadal hat im Tiebreak gegen Roger Federer seinen ersten Matchball. Federer wehrt eiskalt mit einem guten Aufschlag ab. 90 Sekunden später die nächste Chance für den Spanier. Den Triumph im wichtigsten Tennis-Turnier der Welt gegen den vielleicht besten Spieler aller Zeiten vor Augen, wagt sich Nadal ans Netz - und zeigt Nerven. Sein Angriffsball gerät zum Alibischlag. Federer nimmt die Einladung an und spielt einen traumhaften Passierball mit der Rückhand ins Feld. Auch die nächsten beiden Punkte gewinnt der Titelverteidiger -  fünfter Satz. Es wäre normal gewesen, wenn Nadal an dieser Stelle eingebrochen wäre. Doch er weigert sich einfach zu verlieren. Mit seinem unbändigen Willen zwingt er seinen großen Rivalen letzten Endes doch noch in die Knie und triumphiert in Wimbledon.

Deratige Siege sind typisch für Rafael Nadal. Dabei ist es seine physische Stärke, die auf den ersten Blick auffällt. Der 22-Jährige Mallorquiner hat einen Körperbau, der so gar nicht zum Tennis passen will. In den gewaltigen Oberarmen steckt unglaubliche Power, Kraft mit der er seine Gegner schon optisch einschüchtert. Aber die leichte Eleganz, die einen Roger Federer auszeichnet, geht Nadal völlig ab. Er zerlegt seine Gegner förmlich, doch man würde Nadal unrecht tun, wenn man ihn allein darauf reduzierte. Das Beispiel Wimbledon macht deutlich, dass er der Konkurrenz vor allem im Kopf überlegen ist. Nadal kann Punkte in Sekundenschnelle abhaken, an denen andere zerbrechen. Das lässt ihn beinahe unmenschlich wirken.

Kraftvoll, aber nicht elegant

An seinem Spiel scheiden sich Geister. Die einen finden es fast schon unästhetisch, andere sind begeistert von der Präzision in Nadals Schlägen. Mit seinem Vorhand-Topspin gelingt es ihm, die Gegner immer wieder weit hinter die Grundlinie zurückzudrängen und so die Ballwechsel zu dominieren. Insbesondere auf Sand, wo die Bälle extrem hoch abspringen, ist er so nahezu unschlagbar. Da er als Rechtshänder mit links spielt, kann Nadal zudem mit der Rückhand enorm beschleunigen. Das Ergebnis: schier unmögliche Winkel bei Passierbällen.

Das alles würde ohne eine hervorragende Beinarbeit nicht funktionieren. Kaum ein Spieler ist schneller und erst recht ist keiner ausdauernden. Während andere Profis nach einem Fünfsatz-Match im nächsten Spiel einbrechen, scheint das Nadal nichts auszumachen: wie eh und je steht er auf dem Platz und jagt den Bällen hinterher. Für diese Anstrengungen muss Nadal allerdings im Laufe einer Saison bezahlen. Immer wieder warfen ihn Verletzungen in seiner Karriere zurück. Zudem geht ihm fast regelmäßig zum Jahresende die Puste aus.

Taktisch wird Rafael Nadal von seinem Onkel Toni hervorragend eingestellt. Ihm vertraut er blind. Und die Erfolge sprechen für sich. Fünf Grand Slam-Titel, zwölf Masters-Series-Siege und nun auch noch der Triumph bei Olympia. Allein in diesem Jahr hat Nadal acht Turniere für sich entschieden und damit ein weiteres großes Ziel erreicht: am Montag löst er Roger Federer an der Spitze im Herren-Tennis ab. Zuvor war selten ein so dominanter Spieler nur die Nummer zwei der Welt. Nadals Pech war, dass es lange Zeit noch einen Besseren gab. Bis heute.

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