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André Schürrle feierte gegen Stuttgart seinen ersten Treffer für Wolfsburg.

© Imago

André Schürrle beim VfL Wolfsburg: Ein Held auf Abruf

Der VfL Wolfsburg setzt André Schürrle weiter nur sporadisch ein – wohl auch am Dienstag im Pokal gegen den SC Freiburg.

Von Christian Otto

Die vielen Titel, die ihm beim VfL Wolfsburg sicher sind, erweisen sich als schwerwiegende Trophäen. Millionen-Mann, Großverdiener, Weltmeister, Starkicker: Lange Zeit hat André Schürrle lächelnd geleugnet, dass ihn solche Einstufungen belasten. Nach seinem ersten Tor im achten Bundesligaspiel für den neuen Arbeitgeber, das beim 3:1 den Endstand gegen den VfB Stuttgart bedeutet hatte, räumte der 24-Jährige die Wirkung der hohen Erwartungen ein. „Es waren schon ein paar Steine“, sagte Schürrle, als er gefragt wurde, wie viel von ihm abgefallen sei. Rund 32 Millionen Euro hat der VfL Wolfsburg für ihn kurz vor Ende der Winterpause an den FC Chelsea überwiesen. Die erste zählbare Rendite für diese nicht ganz geringe Geldanlage hatte auf sich warten lassen.

Mit Blick auf seine Vita und individuelle Klasse wirkt es kurios, dass Schürrle in Wolfsburg nicht erste Wahl ist. Er darf weiterhin keinen Anspruch auf einen Stammplatz bei den Niedersachsen anmelden. Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking hatte ihn im Heimspiel gegen Stuttgart spät eingewechselt und damit anfängliche Probleme seines Teams übertünchen können. Schürrle spielte bei seinem Premierentor in der 76. Minute jene Mischung aus Tempo und Technik aus, die ihn zu einem der gefragtesten Mittelfeldspieler in ganz Europa und zum Nationalspieler gemacht hat.

Die Diskrepanz zwischen Marktwert und Leistung ist groß

Aber es zeigt sich auch: Sein zwischenzeitlicher Wechsel in die Premiere League bleibt mit einer tüchtigen Delle in der Karriere verbunden, weil er sich bei Chelsea nicht dauerhaft durchsetzen konnte und dort kaum noch gespielt hat. Schürrle ist ehrlich genug für die Einsicht, dass ihm der konditionelle Rückstand dieser Episode noch eine schwierige Rückrunde in der Bundesliga bescheren wird. „Ich bin noch nicht in der richtigen Verfassung“, gestand er.

Den Teamkollegen und Zuschauern in Wolfsburg scheint es egal zu sein, wie groß im Fall Schürrle die Diskrepanz zwischen Marktwert und Leistungsvermögen ausfällt. „André ist hier sehr gut angekommen“, sagte Hecking. Dem Trainer ist nicht entgangen, dass er einen Könner auf der Ersatzbank schmoren lässt, den die zahlende Kundschaft unbedingt in Aktion erleben möchte. Aber Hecking weiß dank eines prominenten Beispiels, dass alle Beteiligten gut beraten sind, sich in Geduld zu üben. Wie schon ein Jahr zuvor im Fall von Kevin de Bruyne, der in London auch nicht mehr erwünscht war und in Wolfsburg mit Kusshand aufgenommen worden ist, offenbart sich eine Tücke. Wer viel Geld für Profis aus der Premier League bezahlt, erwirbt nicht automatisch Helden der Fitness. Schürrle tröstet sich in diesen Tagen damit, dass er zumindest noch schnell genug ist, um in der Schlussphase einer Bundesligapartie müde Gegenspieler auszutricksen.

Sein schöner Jubellauf, der dem ersten Bundesligator für den VfL Wolfsburg gefolgt war, macht Lust auf mehr Schürrle. Aber wenn der VfL Wolfsburg am Dienstag (19 Uhr/live bei Sky) gegen den SC Freiburg um den Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals kämpft, ist dem Weltmeister kein Stammplatz sicher. Und genau das verblüfft, weil der Verein für Schürrle hohes Risiko geht. Im Rahmen der Financial- Fairplay-Regelung, mit deren Hilfe die Europäische Fußball-Union (Uefa) das Finanzgebaren der unter ihrer Obhut spielenden Vereine kontrolliert, hat es Nachfragen an den VfL gegeben. Doch der Klub kann, wenn er es dank de Bruyne, Schürrle & Co. auf direktem Weg in die Champions League schafft, mit einer stattlichen Refinanzierung seiner teuren Transfers rechnen. Die große Chance auf den Einzug in Europas Spitzenklasse scheint für Gelassenheit im Umgang mit dem Einnahmen- und Ausgabenreglement der Uefa zu sorgen. Und sie trägt dazu bei, dass Schürrle nicht in Ungeduld verfällt, sondern sich geduldig fügt. „Ich will zeigen, dass ich da bin“, sagte der Edelreservist in äußerst bravem Tonfall.

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