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34 Jahre Bayern München. Seit er 1979 Manager wurde, prägte Uli Hoeneß den Verein.

© picture-alliance / Augenklick/Ra

Angst vor der Lücke: Uli Hoeneß bleibt wichtig beim FC Bayern

Uli Hoeneß ist das Herz des FC Bayern. Sollte er gehen müssen, wäre diese Lücke nur schwer zu füllen. Das wissen auch die Aufsichtsräte und spielen deshalb erst einmal auf Zeit.

8:0 – so hoch haben auch die Fußballer des FC Bayern München in dieser überaus erfolgreichen Saison noch nicht gewonnen. Ihr Präsident Uli Hoeneß schon: Alle acht Aufsichtsratsmitglieder hatten am Montagnachmittag dafür gestimmt, dass Hoeneß trotz seiner Steueraffäre Vorsitzender des Gremiums bleibt. „Ich glaube, Uli war sehr erleichtert, dass der Aufsichtsrat ihm das Vertrauen geschenkt hat“, sagte Karl-Heinz Rummenigge am Dienstag. Vor den „zwei extrem wichtigen Endspielen“ in der Champions League und im DFB-Pokal sei es von großer Bedeutung gewesen, „dass der Verein Geschlossenheit demonstriert“, sagte der Vorstandschef. Es sei ein Zeichen an Mannschaft, Fans und Mitglieder gewesen: „Der Klub steht sehr eng zusammen.“

Sylvia Schenk, Sportbeauftragte, von Transparency International, wertete das 8:0-Votum des Aufsichtsrates vor allem als taktisches Manöver. „Sie versuchen auf Zeit zu spielen und wollen das Champions-League-Finale nicht negativ beeinflussen“, sagte die Juristin. Im Kontrollgremium sitzen neben den Vorstandsbossen von Audi (Rupert Stadler) und Adidas (Herbert Hainer) auch VW-Chef Martin Winterkorn und Timotheus Höttges vom Hauptsponsor Telekom. „Sie gehen das Risiko ein, dass die Glaubwürdigkeit in ihren eigenen Unternehmen und in der Außendarstellung erheblichen Schaden nimmt“, sagte Schenk.

Beobachter des Vereins vermuten, die Aufsichtsräte hätten auch gegenüber den Bayern-Fans nicht den Eindruck erwecken wollen, dass die Firmen zu großen Einfluss auf die Vereinspolitik nehmen. Audi und Adidas gehören je 9,1 der Anteile der FC Bayern München AG, 81,2 Prozent hält der eingetragene Verein, dessen gewählter Präsident Hoeneß ist. Erst im November bestätigten ihn 97,1 Prozent der Mitglieder für weitere drei Jahre im Amt.

Einen wie Hoeneß lässt man nicht so einfach fallen. Auch wenn der 61-Jährige selbst anbot, den Aufsichtsratsvorsitz vorerst niederzulegen. Ob es dazu noch kommt, ist offen. Etwa wenn die beiden Finals am 25. Mai und am 1. Juni gespielt oder die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgeschlossen sind. Der Aufsichtsrat will sich „bei Vorliegen neuer Erkenntnisse“ erneut mit dem Thema befassen.

Hoeneß’ Bleiben begeisterte zumindest die Belegschaft. „Sehr froh“ sei er, sagte Sportvorstand Matthias Sammer bei einem Termin in Berlin, „wir sollten das Thema jetzt ein bisschen ruhiger angehen.“ Mittelfeldspieler Toni Kroos sagte: „Bayern München ohne Uli Hoeneß ist nicht vorstellbar.“

Hoeneß gilt als menschliches Gegengewicht zum eher kühlen Rummenigge

Dabei hat Hoeneß eigentlich keine offizielle Funktion mehr im ausgegliederten Profi-Betrieb der Bayern, seitdem er sich im November 2009 als Manager zurückgezogen hat. Als Präsident steht er Amateur-Fußballern, Basketballern, Turnern oder Sportkeglern vor. Als Vorsitzender des Aufsichtsrats beschränkt sich seine Aufgabe darauf, die vier Vorstände der Profifußballer zu berufen, zu beraten und zu kontrollieren; nicht selbst zu entscheiden.

Doch Hoeneß wäre nicht Hoeneß, wenn er sich damit zufrieden geben würde. Nur ein- bis zweimal die Woche, sagte er einmal, betrete er sein Präsidentenbüro am Trainingsgelände an der Säbener Straße. Doch Vereinskenner berichten immer wieder, es laufe kaum eine Entscheidung im Klub an Hoeneß vorbei. Das erste Jahr nahm er sich noch vor, seinen Nachfolger Christian Nerlinger aufzubauen und keine Interviews zu geben. Doch spätestens seit der Entlassung Nerlingers im vergangenen Juli ist der Präsident zurück im Alltagsgeschäft. Die Idee, Matthias Sammer vom Deutschen Fußball-Bund zu holen, stammt von ihm, und auch mit dem neuen Trainer Pep Guardiola verhandelte er, in dessen Wohnung in New York. Bisher war Hoeneß ein gefragter Ansprechpartner für Politiker, Unternehmen und Sponsoren. Sein Lebenswerk sprach für sich: Als er 1979 mit 27 Jahren Manager wurde, hatte der Klub Schulden und zwölf Millionen Mark Umsatz, heute sind es knapp 400 Millionen Euro. Als Präsident trieb er Projekte an wie Spitzenbasketball oder ein neues Trainingszentrum in Fröttmanning.

Für die Fans bildete er so etwas wie das menschliche Gegengewicht zum kühler wirtschaftlich denkenden Rummenigge – Hoeneß, das Herz des Vereins. Sollte es entfernt werden, ist diese Lücke nur schwer zu füllen. Die Strukturen bestehen längst, aber die Figur ist kaum zu ersetzen. Rummenigge wird Vorstandschef bleiben, der Aufsichtsrat verlängerte den Vertrag des 57-Jährigen gerade bis 2016. Als Nachfolger im Präsidentenamt wird über Namen wie Scout Paul Breitner, Vizepräsident Karl Hopfner oder Ehrenpräsident Franz Beckenbauer spekuliert. Als Polterer am Spielfeldrand erinnerte zuletzt Matthias Sammer an den jungen Hoeneß, so kommt es zumindest in der öffentlichen Wahrnehmung an. Aber Sammer wirkt noch nicht ganz angekommen im Führungszirkel, die „Zeit“ nannte ihn zuletzt den „Mann ohne Aufgabe“.

Es sieht so aus, als kann und will Bayern München zumindest vorerst nicht auf Uli Hoeneß verzichten. (mit dpa)

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