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Sport: Anna Kurnikowa: Russische "Tennis-Verona": Nur die Bälle sollen springen (Kommentar)

Londons Polizei muss sich dieser Tage mit einem Vandalismus-Problem herumschlagen. Überall werden Werbeposter abgerissen und mitgenommen.

Londons Polizei muss sich dieser Tage mit einem Vandalismus-Problem herumschlagen. Überall werden Werbeposter abgerissen und mitgenommen. Von U-Bahnstationen, Litfaßsäulen, Plakatwänden. Poster, auf denen Anna Kurnikowa zu sehen ist, nur mit einem weißen Sport-BH bekeidet und dem Titel: "Nur die Bälle sollen springen."

"Annamania" ist wieder in Wimbledon eingezogen. Die russische Tennisspielerin hat die meisten Fotos, die meisten Schlagzeilen, die meisten Fans - und weiterhin das meiste Geld. Rund sechs Millionen Mark soll sie allein für die Kampagne für den Büstenhalter einstecken. Auf zehn Millionen Dollar wurden die Einkünfte der bestverdienenden Sportlerin der Welt im letzten Jahr taxiert. 90 Prozent durch Werbe-Einnahmen - sportlich repräsentiert sie weiterhin gehobenes Mittelmaß.

Aber das spielt keine Rolle. Anna ist eine russische "Tennis-Verona". Die mega-clevere Vermarktung als sexy Glamourgirl läßt die sportliche Substanz des "Produkts" nebensächlich werden. Auch der Dreisatzerfolg über die an zehn gesetzte Französin Sandrine Testud war da keine Ausnahme. Testud spielte schwach, Kurnikowa etwas besser. Doch die Qualität des Matches ist den Fans egal. Sie ist weiter dabei. "Die Fans waren großartig heute", sagte Kurnikowa nach dem Match, "und ich bin sehr glücklich, dass ich über eine gesetzte Spielerin weiter gekommen bin."

So kann dann eine Boulevardzeitung weiterhin in einer "Kourna-Corner" jeden Tag ein neues Foto drucken, "solange sie noch im Turnier ist". Ihre Trainingssessions sind von Zuschauern umlagert, auch wenn Coach Erik Van Harpen diese Aufläufe gewaltig auf die Nerven gehen: "Es ist schwierig, ihr meine Meinung zu sagen, wenn sie so umlagert ist." Aber das ist Teil des Geschäfts. Fern ab der Öffentlichkeit im hinteren Eckchen des Trainingsgeländes zu üben, wie einst Steffi Graf, käme Kurnikowa nicht in den Sinn. Ihr Kapital sind Aussehen und Ausstrahlung. "Sie ist die schönste Spielerin und deshalb wie früher Gabriela Sabatini immer in der Mitte der Aufmerksamkeit", weiß auch van Harpen. Und Martina Navratilova sagt: "Sie hat einen begnadet schönen Körper und der Marktwert bestimmt alles." Aber auch Neid und Missgunst wuchern. Konkurrentinnen beschreiben sie als launisch und unzuverlässig. Ihre Interviews sind meist kurz und nichtssagend. Privates dringt kaum an die Öffentlichkeit. Nur manchmal wird lanciert, welcher russische Eishockesspieler aktuell ihr Freund sei - aber das ist eigentlich nur PR.

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