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Sport: Annäherung durch Abstieg

Erstmals seit 1996 tritt Cottbus zu einem Pflichtspiel bei Union an

Von Karsten Doneck, dpa

Berlin. Neid kam nicht auf. Obwohl doch Energie Cottbus längst Bayern München und Borussia Dortmund empfing. Und etwas mehr als 100 Kilometer Luftlinie entfernt, in einem baufälligen Stadion in der Wuhlheide, schlug sich der 1. FC Union immer noch mit dem Lüneburger SK herum. Der Zwei-Klassen-Unterschied vor drei Jahren führte beim Unteren, dem 1. FC Union, aber nur dazu, dass man dem Rivalen aus der Lausitz Respekt zollte. „Die Entwicklung beim FC Energie findet meine höchste Anerkennung. Es ist schon außergewöhnlich, was die Heiligen Drei Könige von Cottbus da geschafft haben“, sagt Heiner Bertram, der Union-Präsident. Die Heiligen Drei Könige sind für ihn die, die im Cottbuser Fußball das Sagen haben: Präsident Dieter Krein, Manager Klaus Stabach und Trainer Eduard Geyer. Nach sechs Jahren Trennung treffen sich der 1. FC Union und Energie Cottbus heute (14 Uhr, Stadion Alte Försterei) nun mal wieder – auf gleicher Ebene, in der Zweiten Liga.

Sechs Jahre war Cottbus dem 1. FC Union enteilt. Trainer Geyer marschierte mit seiner Mannschaft von der Regionalliga in die Bundesliga, bis der Abstieg den Klub jetzt wieder in die Zweite Liga zurückwarf. Union rückte zwar vor zwei Jahren auch von der Dritt- in die Zweitklassigkeit auf, aber der große Fußball gastierte eben regelmäßig südöstlich von Berlin, im Cottbuser Stadion der Freundschaft. „Es war nur das Glück, das wir mehr hatten“, sagt Energie-Präsident Krein.

Alles nur Glück? Wohl kaum. Es gab auch handfeste Gründe, zum Beispiel auf dem wirtschaftlichen Sektor. „Wir sind immer auf dem Boden geblieben, auch wenn wir manchmal eine große Klappe hatten“, sagt Dieter Krein, der Cottbuser Präsident. Bei Union wirtschafteten nach der Wende Präsidenten wie Bracht, Kalweit und Kahstein, als hätte die Bundesdruckerei dem Verein eine Maschine zum Gelddrucken in den Keller gestellt. Aber alsbald türmte sich ein Schuldenberg auf, an den Stadionkassen wurden die Einnahmen gepfändet. Als Bertram die Präsidentschaft übernahm, begann eine zähe, aber letztlich erfolgreiche Sanierung. „Wir befanden uns damals im Keller, Unterkante Tiefgeschoss, da war Cottbus schon im ersten Stock“, sagt Bertram. „Das zeigt aber auch, wenn man erst mal unterwegs ist nach oben, dann kann sich auch etwas entwickeln.“

Allerdings verfügen die Cottbuser nach Bertrams Ansicht auch über einen Standortvorteil. „In Cottbus dreht sich alles um Fußball. In Berlin ist das anders. Wenn die Cottbuser dem Fußball 80 Prozent Aufmerksamkeit widmen, dann haben wir etwa acht Prozent.“ Und auch die Politprominenz steht hinter Energie. „Stolpe war da, der Kanzler auch, der Cottbuser Bürgermeister steht dahinter, da wird auch das Stadion ausgebaut“, sagt Bertram. Drei Jahre Bundesliga haben aber auch in Cottbus ihre Spuren hinterlassen. „Um das alles richtig genießen zu können, was da mit uns passiert ist, fehlten sowohl die Zeit als auch die nötigen Punkte“, sagt Krein. Und abzuwarten bleibt, welche Folgen der Abstieg in der Lausitz haben wird. Krein sagt: „Es ist so, als wenn wir jetzt an einem Bungee-Seil hängen. Wir sind nach unten gestürzt, jetzt müssen wir uns fangen und zusehen, dass wir wieder nach oben kommen.“

Übrigens: Das letzte Punktspiel zwischen beiden Mannschaften in der Alten Försterei fand am 7. September 1996 statt. Cottbus siegte durch Tore von Zimmerling, Benken, Melzig und Kronhardt 4:0 – und stieg am Saisonende in die Zweite Liga auf.

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