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Ist das so? In der neuen Studie der Universitäten Tübingen und Harvard gaben mehr als 2000 Sportler zu, gedopt zu haben – unter Wahrung ihrer Anonymität.

© Flauraud/dpa

Anonyme Befragung von Sportlern: Bei Tests wird nur ein Bruchteil der Dopingfälle erkannt

Eine neue Studie zeigt: Im Spitzensport wird viel mehr gedopt, als Wissenschaftler nachweisen können.

Die Vermutung geistert schon seit längerer Zeit durch die Stadien der Welt, nun erhält sie neue Nahrung. Im Spitzensport wird wesentlich mehr gedopt, als durch Doping-Kontrollen nachgewiesen wird. Mindestens 30 Prozent der Starter der Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2011 und 45 Prozent der Sportler bei den Pan-Arabischen-Spielen 2011 gaben bei einer am Dienstag veröffentlichten Studie der Universität Tübingen und der Harvard Medical School an, Dopingmittel genommen zu haben. Mit zeitgleich durchgeführten biologischen Testverfahren wurde nur ein Bruchteil der Dopingfälle erkannt: 0,5 Prozent der Tests bei der WM in Daegu waren positiv, bei den Pan-Arabischen-Spielen waren es 3,6 Prozent. Die Studie hatte die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) in Auftrag gegeben.

Allerdings verweigerten Wada und der Leichtathletik-Weltverband IAAF jahrelang die Zustimmung für eine Veröffentlichung. Bereits 2015 waren Einzelheiten der Untersuchung in den USA und im Zusammenhang mit dem systematischen Doping in Russland bekannt geworden. Bis 2015 war Lamine Diack Präsident der IAAF. Die französische Justiz ermittelt gegen den Senegalesen unter anderem wegen mutmaßlicher Vertuschung von Doping gegen Geld im Amt. Die Ergebnisse der repräsentativen Studie wurden nun in der Zeitschrift „Sports Medicine“ veröffentlicht. Die Wissenschaftler hatten dabei 2167 Teilnehmer unter Wahrung der Anonymität befragt, ob sie vor den Wettkämpfen gedopt hätten.

„Die Studie macht deutlich, dass durch biologische Tests von Blut- und Urinproben bei weitem nicht alle Dopingfälle aufgedeckt werden“, erklärt Harrison Pope von der Harvard Medical School. „Wie in der Publikation beschrieben, liegt das vermutlich daran, dass die Athleten zahlreiche Wege gefunden zu haben, bei Tests nicht aufzufallen.“ Wenig effizient seien die Tests vor und während eines Wettkampfes: Pro Jahr fielen davon nur zu ein bis drei Prozent positiv aus. Dopingmittel seien zu diesem Zeitpunkt oft nicht biologisch nachweisbar, weil sie lange vorher eingenommen würden. Eine höhere Aufklärungsquote (etwa 14 Prozent) biete der „Biologische Pass“: Er dokumentiert medizinische Daten der Sportler. Die Veröffentlichung der gesamten wissenschaftlichen Studie und der detaillierten Daten könnte weitere Forschungen zu Doping im Profisport anregen, hoffen die Autoren. „Die Studie kann eine konstruktive Debatte, vor allem aber neue Strategien für die Eindämmung von Dopingmissbrauch anstoßen“, sagt Rolf Ulrich von der Universität Tübingen. (dpa)

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