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Sport: Anrollender Zweifel

Gegen Roberto Heras liegt ein Epo-Befund vor – aber der Dopingtest wird in Frage gestellt

Berlin - Als ob der Radsport in diesem Jahr durch die Dopingbefunde gegen den sechsmaligen Tour-de-France-Gewinner Lance Armstrong nicht schon genug erschüttert worden wäre, steht nun der nächste erfolgreiche Fahrer im Verdacht des Betrugs. Der 31 Jahre alte Spanier Roberto Heras soll bei der diesjährigen Spanien-Rundfahrt mit dem verbotenen Blutdopingmittel Erythropoietin (Epo) nachgeholfen haben. Bei der vorletzten Etappe wurde er positiv auf Epo getestet. Heras gewann die Rundfahrt in diesem Jahr zum vierten Mal. Dieser Sieg würde ihm aberkannt, wenn das Ergebnis der B-Probe ebenfalls positiv ist, das am 21. November veröffentlicht werden soll. Wie im Profi-Radsport üblich, wurde der Spanier von seinem Team Liberty Seguros erst einmal suspendiert. Bei positiver B-Probe dürfte er zwei Jahre lang nicht starten.

Heras’ Reaktion überrascht nicht. „Ich habe ein reines Gewissen. Ich habe nichts genommen und gehe davon aus, dass das Laboratorium sich geirrt hat“, sagte der Radprofi. Der Dopingverdacht fällt in eine Zeit, in der das Nachweisverfahren für Epo aber auch von Wissenschaftlern angezweifelt wird. Der Heidelberger Zell- und Molekularbiologe Professor Werner Franke etwa spricht von einem „fehlerhaften Verfahren“.

In der Tat hat es in der jüngsten Vergangenheit mehrere merkwürdige Befunde gegeben. Der belgische Triathlet Rutger Betke zum Beispiel konnte sich nach positiven Dopingproben von der Universität Leuven bescheinigen lassen, dass das Epo-Ergebnis körpereigene Ursachen hatte. Bei dem kenianischen Leichtathleten Bernard Lagat wies das Kölner Doping-Kontrolllabor in der A-Probe Epo nach, in der B-Probe allerdings nicht mehr. Weil Lagat dennoch zwischenzeitlich gesperrt wurde, klagte er gegen den Internationalen Leichtathletik-Verband. Der musste daraufhin noch eine Ehrenerklärung abgeben, dass Lagat nicht gedopt habe. Vielleicht besteht der Athlet auch noch auf Schadenersatz. „Das liegt nun ganz in seiner Hand“, sagte sein Anwalt Michael Lehner.

Der Heidelberger Jurist vertritt auch den italienischen Radfahrer Fabrizio Guidi, dem Vergleichbares wie Lagat passiert ist: positive A-Probe, negative B-Probe. „Angesichts des schlechten Rufes des Tests hat jeder die Chance, seine Ergebnisse anzuzweifeln“, sagte Lehner. Mit Guidi will er die Fehlerhaftigkeit des Epo-Tests jetzt sogar vom Internationalen Sportgericht Cas bestätigen lassen. Zuletzt hatte eine Gruppe von Wissenschaftlern von der Universität Sydney um Alamgir Khan Vorschläge zur Modifizierung des Tests gemacht. Der Leiter des Kölner Doping-Kontrolllabors Professor Wilhelm Schänzer entgegnet: „Der Test ist zuverlässig. Es werden zwei Antikörper dabei eingesetzt, von denen einer spezifisch auf Epo reagiert.“

Dagegen richtet sich jedoch die Kritik von Wissenschaftlern wie Werner Franke. „Ich rede genau über diesen spezifischen Antikörper. Er reagiert auch mit anderen Proteinen, nicht nur mit Epo“, sagte Franke. Er forderte daher, einen neuen Antikörper für den Nachweis von Epo zu entwickeln. Zwar seien mit dem Test auch schon viele Sportler zu Recht des Dopings mit Epo überführt worden. Aber Franke sagt: „Der Test muss auf dem selben zuverlässigen Niveau wie ein Aids-Test sein. Das ist er zurzeit nicht.“ mit dpa

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