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Sport: Ansetzen zum Überholen

Mit einem Sieg über Leverkusen können die Berliner auf Platz fünf vorrücken

Berlin - Für einen Moment wirkte Falko Götz so, als hätte er soeben ein Nickerchen beendet. Der Trainer des Fußball-Bundesligisten Hertha BSC guckte auf den hölzernen Tisch vor sich, doch er fixierte ihn nicht, sein Blick war leer. Dann sagte er leise: „Wer hätte das vor Wochen gedacht.“ Pause, Stille. „Wir können an Leverkusen vorbeiziehen.“ Es muss Götz am Ende einer schwierigen Saison wie ein Traum vorkommen, dass Hertha noch immer den fünften Rang und einen Startplatz für den Uefa-Cup erreichen kann. Der Tabellensechste Hertha spielt heute gegen den Fünften Bayer Leverkusen, die Berliner haben drei Spieltage vor dem Saisonende zwei Punkte Rückstand auf Bayer. „Wir müssen gewinnen, um Platz fünf erreichen zu können“, sagt Manager Dieter Hoeneß. Am Samstag spielt Hertha gegen Hamburg, eine Woche später in Nürnberg.

Noch vor Wochen rechnete kaum ein Berliner ernsthaft mit einer derartigen Chance. Anfang Dezember hatte Hertha 2:1 in Leverkusen gewonnen – und war unmittelbar danach in eine tiefe sportliche Krise gestürzt. Neun Bundesligaspiele in Folge konnten die Berliner nach dem Spiel gegen Bayer nicht gewinnen, das peinliche Aus im DFB-Pokal beim Regionalligisten St. Pauli und schwache Spiele im Uefa-Pokal ließen den Klub leiden, der Druck auf den Trainer und die Vereinsführung stieg.

Doch bei Hertha blieb trotzdem alles wie zuvor, der Trainer wurde auf dem Höhepunkt der Krise Anfang März in einer Abstimmung des Beteiligungsausschusses einstimmig bestätigt. Hertha gewann anschließend 3:0 in Bremen und holte seither 15 Punkte aus sieben Spielen. Richtig erklären kann diese Wende bis heute niemand. Wahrscheinlich liegt der tatsächliche Leistungsstand der Berliner zwischen den Extremen: Hertha ist nicht so schlecht, wie es in den sieglosen Wochen aussah, aber auch nicht so gut, wie es die Punkteausbeute aus den vergangenen sieben Spielen suggeriert. Das Erreichen des Saisonziels, Platz fünf, ist den Berlinern auch deshalb noch möglich, weil die Konkurrenz ebenfalls schwächelte.

Heute wird wohl nicht nur in sportlicher Hinsicht ein entscheidender Tag für die Berliner sein: Dieter Hoeneß hat Innenverteidiger Josip Simunic eine Frist gesetzt, die am Dienstag abläuft. Simunic muss sich entscheiden, ob er das Vertragsangebot von Hertha annimmt. Ansonsten wird der Klub sich nach einer Alternative für die kommende Saison umsehen. Bereits gestern begannen die Verhandlungen zwischen Hoeneß, Simunic und dessen Berater Dusan Bukovac. Gestern Nachmittag, vor den Verhandlungen, wollten weder Bukovac noch Hoeneß eine Tendenz erkennen lassen. „Es ist alles offen“, sagte Bukovac.

Im Spiel gegen Leverkusen wird Josip Simunic den Berlinern auf jeden Fall fehlen – er leidet unter einer schweren Fußprellung. Der Einsatz von Mittelfeldspieler Yildiray Bastürk ist wegen einer Muskelverhärtung fraglich. Abwehrspieler Dick van Burik kann aufgrund seines im Spiel gegen Mönchengladbach erlittenen Muskelfaserrisses noch nicht wieder mitwirken. In der Innenverteidigung wird Falko Götz deshalb wohl auf Alexander Madlung zurückgreifen müssen und Kapitän Arne Friedrich von der rechten Außenbahn nach innen ziehen.

Die Situation in der Abwehr ließ Trainer Götz aus seiner träumerischen Gelassenheit kurzzeitig erwachen: „Das ist schmerzlich“, sagte er. Anschließend lehnte er sich wieder entspannt zurück.

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