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Jetzt sind wir dran. Das deutsche Duo Richard Freitag (l.) und Severin Freund stand schon beim Weltcup in Harrachov gemeinsam auf dem Siegerpodest. Foto: AFP

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Sport: Appetithäppchen gegen den großen Hunger

Bei der Vierschanzen-Tournee starten mit Richard Freitag und Severin Freund wieder zwei deutsche Springer mit Siegchancen.

Werner Schuster ist ein vorsichtiger Mann. Wenn der Skisprung-Bundestrainer zu den Chancen seiner Athleten bei der Vierschanzen-Tournee gefragt wird, die an diesem Freitag in Oberstdorf beginnt (ab 16.15 Uhr, live bei ARD), dann bleibt er vage. Trotz des Sieges von Richard Freitag in Harrachov, trotz der guten Platzierungen von Severin Freund. „Einerseits haben wir die tolle Situation, dass wir für einige Appetithäppchen gesorgt haben“, sagt Schuster, „Deutschland ist hungrig nach Spitzenspringern.“

Doch damit steigen auch die Erwartungen. „Richard bräuchte nicht mehr auf die Schanze, er könnte den ganzen Tag Interviews geben“, sagt sein Bundestrainer. Deshalb werde es auch mal ein Nein geben. „Die Springer benötigen geschützte Räume.“ Ein Problem allerdings stellt sich Schuster bislang nicht: Kämpfe um die Position der Nummer eins im Team wird es vorerst nicht geben. „Richi ist ein guter Kumpel“, sagt Freund über seinen Zimmergenossen. „Er ist ein Konkurrent wie alle anderen auch“, sagt der Bayer Freund über den Sachsen Freitag.

Auch sonst ticken die beiden ähnlich. „Man sollte nicht nur aufs Skispringen fixiert sein, man braucht auch Ablenkung“, sagt Freitag. Bei Freund hört es sich ähnlich an: „Man sollte abseits der Schanze seine Gedanken nicht allzu sehr um Skispringen kreisen lassen.“ Zur Ablenkung hat sich Freund an der Hochschule Ansbach eingeschrieben. Der Studiengang International Management wurde extra für Spitzensportler konzipiert. Trotzdem hat Freund in diesem Winter ein Urlaubssemester eingelegt, „weil es parallel zum Skispringen sehr zäh ist“.

An Urlaubssemester muss Richard Freitag nicht denken. Noch nicht. Der Abiturient möchte irgendwann Medizin studieren, wie sein Vater Holger, Orthopäde und früher selbst Spitzenspringer. Zunächst hat sich Freitag bei der Bundeswehr verpflichtet. Vom 1. Januar an gehört er der Sportkompanie an. Bei allen Gemeinsamkeiten hat Severin Freund doch einen Vorsprung, schließlich ist er drei Jahre älter. „Severin ist eine Stufe weiter als Richard“, sagt Schuster, „er war vor einem Jahr in einer ähnlichen Situation wie jetzt Richi.“ Nun ja, nicht ganz. Freund überzeugte erst nach der Tournee, in Sapporo; bei Freitag klappte es gleich zum Saisonstart. Und bei Freund ging die Entwicklung Schritt für Schritt. Für Schuster ist der Bayer „kein Knallertalent. Auf den ersten Blick haben wir motorisch talentiertere Sportler als Severin.“ Etwa Richard Freitag. „Er hat diese Leichtigkeit im Sprung“, sagt Sven Hannawald, der letzte deutsche Sieger der Vierschanzen-Tournee, Freitags Vorbild. Zudem überzeugt der 1,72 Meter große Athlet durch einen guten Flugstil. Und viel Ruhe im Flug.

An einen Gesamtsieg verschwenden allerdings weder Freitag noch Freund einen Gedanken. Auch wenn sie die Schattenbergschanze in Oberstdorf durch unzählige Trainingslehrgänge und Wettkämpfe sehr gut kennen, belegte Freund bei der gestrigen Qualifikation nur den 27. Rang, Freitag kam bei schwierigen Bedingungen nicht über einen 42. Platz hinaus. Trotzdem: „Top Ten, dieses Ziel habe ich mir gesetzt“, sagt Freitag. Ein wenig mehr darf es für Freund sein: „Ich sehe mich in der Rolle des gefährlichen Außenseiters.“

Die Favoriten auf einen Toursieg kommen aus anderen Verbänden. Aus Österreich zum Beispiel. „Es ist kein Geheimnis, dass ich die Tournee gewinnen will“, sagt Gregor Schlierenzauer. Damit würde er gleichziehen mit seinen Teamkollegen Andreas Kofler und Vorjahressieger Thomas Morgenstern. Doch in diesem Jahr haben auch die Norweger dank ihres österreichischen Trainers Alexander Stöckl wieder Anschluss gewonnen. Allen voran Anders Bardal. Der sagt: „Ich bin so gut in Form wie noch nie.“

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