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© dpa

Ariane Friedrich: Die Latte liegt hoch

Die Leichtathletin Ariane Friedrich holt souverän den deutschen Meistertitel und hat noch viel vor.

Ein paar Sekunden lang herrschte Totenstille. Ariane Friedrich lief an, mit raumgreifenden Schritten. Sie drückte sich ab, flog über die Latte, ein Aufschrei durchzog die Arena in Leipzig, doch der Schrei brach ab, genau in dem Moment, als Friedrich auf der Matte landete. Die Latte war doch noch gefallen, 2,06 Meter gerissen im zweiten Versuch. Ein winziger Fehler verhinderte, dass gestern 4000 Zuschauer eine Weltjahresbestleistung bei den deutschen Hallen-Leichtathletik-Meisterschaften erlebten.

Bei ihrem dritten Versuch riss die 25-Jährige deutlicher, es blieb bei ihrer Sieghöhe von 2,00 Metern. „Die 2,06 Meter hat sie verschenkt“, sagte Günter Eisinger, ihr Trainer. „Ach was, nicht so schlimm das Ganze“, ergänzte seine Athletin. „Die Höhe habe ich drin. Außerdem war ich gesundheitlich leicht angeschlagen. Vor diesem Hintergrund bin ich mit zwei Metern zufrieden.“

Vor allem hatte sie ihre Rolle als Star erfüllt. Die Wettkampf-Regie hatte den Hochsprung der Frauen als Highlight eingeplant. Und damit das noch attraktiver rüberkam, sprangen die Männer ein paar Meter weiter zur gleichen Zeit. Mit dem erwarteten Ergebnis: Raul Spank aus Dresden setzte sich mit guten 2,28 Metern durch. Spank gehört zu den hoffnungsvollsten Talenten in Deutschland. Bei den Hallen-Europameisterschaften in Turin hat er durchaus eine Medaillenchance.

Die größte Chance auf Edelmetall hat Friedrich. Sie hat vergangenen Sonntag in Karlsruhe 2,05 Meter übersprungen, damit ist sie in eine neue Dimension vorgestoßen. Ihre Bestleistung stand bei 2,02 Meter, drei Zentimeter mehr auf diesem Niveau sind ziemlich viel. Schon kurz nach dem Sprung hatte Eisinger eine Einladung aus Split. Friedrich solle doch am kommenden Samstag dort springen bei einem Einladungswettkampf, gegen viel Geld, versteht sich. Ein Duell mit Blanka Vlasic, der Weltmeisterin aus Kroatien. Friedrich sagte ab.

Vlasic und Friedrich sind inzwischen harte Konkurrentinnen, in Karlsruhe stand eine unsichtbare Mauer zwischen ihnen. Ariane Friedrich hatte sie gezogen, ein Zeichen des Respekts vor der anderen. Friedrich fühlte sich trotz ihrer Erfolge nicht auf Augenhöhe mit der Weltmeisterin. „Ich war eher in der Position der Jägerin“, sagt sie. Bis Karlsruhe, die 2,05 Meter haben die Mauer eingerissen, Ariane Friedrich fühlt sich jetzt gleichwertig. In Karlsruhe hatte sie Vlasic besiegt. „Wahnsinn“, fiel ihr dazu nur ein. Wahnsinn? Wohl mehr das Ergebnis einer sehr professionellen Arbeit und Einstellung. Die Absage von Split ist nur ein Beispiel dafür. Irgendwelche Showtermine, die nicht in den Trainings- und Wettkampfplan passen, macht sie nicht. Auch wenn sie dabei viel Geld verdienen könnte.

Und sie ist dabei, sich abzuhärten gegen eine Umwelt, die sie als bedrohlich empfindet. Ariane Friedrich wurde Siebte bei den Olympischen Spielen, weil sie Rückenprobleme hatte. Aber sie galt als Medaillenkandidatin, und deshalb prasselte Kritik auf sie ein, vor allem unqualifizierte. „Das war sehr bitter“, sagt sie. Jetzt will sie ihren „eigenen Weg gehen“. Übersetzt heißt das: Niemandem soll es in Zukunft gelingen, sie zu beunruhigen.

Sportlich gelang dies in Leipzig sowieso keinem. Ariane Friedrich erfüllte alle Erwartungen. Sie stand damit in einer beachtlichen Reihe. Diese Meisterschaften hatten ein hervorragendes Niveau, es gab einige Überraschungen. Silke Spiegelburg zum Beispiel gewann den Stabhochsprung der Frauen mit deutschem Rekord (4,71 Meter), im Weitsprung der Männer erfüllten vier Athleten die EM-Norm, und Alexander Kosenkow gewann die 200 Meter in europäischer Jahresbestzeit (20,78 Sekunden).

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