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Bitte nicht stören! Ariane Friedrich schottet sich derzeit von Nachrichten ab. Sie konzentriert sich auf Olympia.

© dapd

Ariane Friedrich: Zwischen Stalker und Olympia

Hochspringerin Ariane Friedrich bereitet sich auf Olympia vor, auf die Rückkehr in die Weltklasse. Wegen eines Achillessehnenrisses musste sie 13 Monate pausieren - und dann war da noch die Stalker-Affäre.

Dieser Typ, der da an der Eisenstange hing, hatte sich doch tatsächlich 40 Kilogramm schwere Scheiben zwischen die Beine gepresst und zog sich zum Klimmzug hoch. Ariane Friedrich starrte nur noch, so etwas hatte sie noch nie gesehen. Dieser nüchterne Kraftraum in Pretoria verwandelte sich plötzlich zur Bühne für sportliche Glanzlichter, mit einem Rugbyspieler aus Südafrika in der Hauptrolle und der Hochspringerin Friedrich aus Frankfurt als Zuschauerin. Die Nummer mit den Klimmzügen hat sie nur konsumiert, aber andere Kraftübungen, die sie bei den Rugbyspielern beobachtete, die auch noch im Raum waren, die wird sie vielleicht übernehmen.

Irgendwann, im nächsten Winter möglicherweise. „Jetzt geht das natürlich nicht“, sagt sie. Natürlich nicht, jetzt bereitet sich Ariane Friedrich auf Olympia vor. Jetzt bereitet sie sich vor allem auf die Rückkehr in die Weltklasse vor. Schwer genug nach 13 Monaten Pause wegen eines Achillessehnenrisses, schwer genug auch wegen der Stalker-Affäre. „Ich will Ruhe. Das Thema ist extrem hochgekocht“, sagt die 28-Jährige. Sie hatte einen Stalker, von dessen E-Mail-Account sie eine anstößige Nachricht erhalten hatte, geoutet. 2200 Kommentare im Internet erntete sie dafür.

Die 28-Jährige steht in einem Saal der Spielbank Berlin, dem neuen Hauptsponsor des Internationalen Stadionfests (Istaf), sie wirbt fürs Istaf, aber vor allem redet sie über ihren Alltag. Das teure Trainingslager in Südafrika über Ostern hat sie zum großen Teil selbst bezahlt. Ein Kostenpunkt war der Physiotherapeut, der extra wegen ihr mitflog. Südafrika, das war aber auch kurzzeitige Flucht vor dem Rummel.

Vorbereitung auf Olympia

Wenn sie hier ist, in Frankfurt, „höre ich keine Nachrichten mehr. Ich bin dadurch ruhiger geworden.“ Ansonsten möchte sie zu diesem Thema nicht mehr sagen. Sie hat andere Themen. Bordsteine zum Beispiel. Sie traut sich wieder, auf Bordsteine zu springen, „das ist ein Zeichen, dass ich meinem Fuß vertraue“. Sie hat keine Angst mehr, dass etwas passiert. Angst war ein wichtiger Punkt, als sie und ihr Trainer Günter Eisinger wieder ins Training eingestiegen sind. In der ersten Einheit legte Eisinger „Pampers-Höhen“ auf, Mini-Höhen also, die WM-Dritte von 2009 sollte wieder Zutrauen zu ihrem Fuß bekommen. „Sie hatte ja Angst, weil sie nicht wusste, was der Fuß macht“, sagt Eisinger; er hat seine Athletin nach Berlin begleitet. Der Fuß schmerzte nicht, als sie abhob, das war wichtig. Eigentlich trainiert Ariane Friedrich nur den Anlauf, wegen der Belastung springt sie nicht, aber damals waren Hüpfer nötig.

Inzwischen dreht sie vor der Matte wieder ab, wie früher. „Körperlich ist sie fit“, sagt Eisinger, „aber mental muss sie sich zurückkämpfen.“ Deshalb ist Ariane Friedrichs Zeitplan klar gestaffelt. Erst kommt die Qualifikation für die Olympischen Spiele. 1,95 Meter ist die Norm, „das ist nicht ohne“, sagt Eisinger. Erst dann, sagt seine Athletin, denkt sie an ans olympische Finale. Wenn sie in dem mal springt, „kämpfe ich um eine Medaille, das ist klar“.

Zum Selbstläufer wird der Trip nach London nicht, in der vergangenen Hallensaison war Friedrich in Tränen ausgebrochen. 1,91 Meter, mehr hatte sie Indoor nicht erreicht. Für sie eine Enttäuschung. Immerhin, sie wurde die deutsche Hallenmeisterin, ein Signal. „Sie hat gezeigt, dass sie wieder da ist“, sagt Eisinger.

Aber die Halle zählt in diesem Fall höchstens symbolisch, der Maßstab ist Olympia. Und Olympia bedeutet Arbeit, nicht bloß im Training. Ariane Friedrich blickt auf ihre Hüften, dann auf ihre langen Beine und sagt: „Ich muss noch abnehmen.“ Zwei Kilogramm, genau gesagt. Und zwei Kilogramm sind verhältnismäßig viel, wenn man aktuell nur 59 wiegt. Vor allem, wenn es da noch dieses andere Problem gibt: „Meine Liebe zur Schokolade ist ungebrochen.“

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