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Arne Friedrich: Der Dirigent steht hinten

Arne Friedrich hat sich bei Hertha BSC eine herausragende Stellung erarbeitet. Er überzeugt nicht nur als Kapitän, sondern vor allem mit guten Leistungen.

Berlin - Arne Friedrich hat auch diese Prüfung gemeistert, in aller Nüchternheit, wie es die Art der Westfalen ist. Dieter Hoeneß, der Manager von Hertha BSC, drückte ihm am Montag bei der Mitgliederversammlung das Mikrofon in die Hand, und dann musste Friedrich ein paar Worte zu den Mitgliedern des Ber liner Fußball-Bundesligisten sprechen. Das gehört sich so für den Kapitän von Hertha BSC, und besondere Anspannung löst die Angelegenheit bei Friedrich nicht mehr aus. „Ich habe ja schon die eine oder andere Rede gehalten“, sagt er.

Mit solchen Pflichtauftritten hat es wenig zu tun, wenn Hoeneß ins Schwärmen gerät. „Arne hat sich zu einem richtigen Kapitän entwickelt“, sagt der Manager. „Er ist eine absolute Führungspersönlichkeit geworden.“ Das freue ihn natürlich, entgegnet Friedrich, selbst wenn man die lobenden Worte im Umkehrschluss natürlich auch anders deuten könnte: Friedrich ist nicht immer die absolute Führungspersönlichkeit und ein richtiger Kapitän gewesen. Stimmt, sagt der 29-Jährige: „Ich bin noch relativ jung gewesen, als ich zum Kapitän bestimmt worden bin. In solche Situationen muss man erst reinwachsen.“

Vor allem aber ist Friedrich über die Mannschaft hinausgewachsen – was auch an der Mannschaft liegt, die jetzt in weiten Teilen mal wieder jung und unerfahren ist. Friedrich ist Herthas einziger deutscher Nationalspieler, er hat mehr Länderspiele bestritten als Gerd Müller und Fritz Walter, er stand im EM-Finale und war WM-Dritter. Bei den Berlinern gibt es niemanden, der auf annähernd ähnliche Erfahrungen, geschweige denn Erfolge verweisen könnte. Als Friedrich 2002 aus der Zweiten Liga nach Berlin kam, war das noch anders. Die prägenden Figuren bei Hertha hießen Michael Preetz, Stefan Beinlich und Dick van Burik, später kamen Niko Kovac und Fredi Bobic hinzu. Inzwischen aber, nach mehr als drei Jahren als Kapitän, bestehen an Friedrichs Machtposition innerhalb des Teams keine Zweifel mehr.

Seine herausgehobene Stellung ergibt sich nicht nur aus den historischen Erfolgen; sie resultiert auch aus den aktuellen Leistungen. Nach dem 1:0-Sieg gegen den hoch veranlagten Aufsteiger Hoffenheim bezeichnete Manager Dieter Hoeneß den Auftritt von Herthas Innenverteidigung als Weltklasse: „Besser geht es nicht.“ Vedad Ibisevic, der erfolgreichste Torschütze der Bundesliga, gewann keinen einzigen Zweikampf gegen Friedrich und seinen Nebenmann Josip Simunic; im zwölften Spiel der Saison blieben die Berliner zum fünften Mal ohne Gegentor.

Natürlich liegt das weder ausschließlich an der Innenverteidigung noch an der Viererkette oder an Torhüter Jaroslav Drobny, obwohl der seit dem Sommer von allen Berlinern den wahrscheinlich größten Qualitätssprung gemacht hat. Die Mannschaft versteht die Verteidigung des eigenen Tores zunehmend als kollektive Aufgabe. „Die erste Barriere müssen die Stürmer sein“, sagt Herthas Trainer Lucien Favre. Die letzte sind dann Friedrich und Simunic. Sie erledigen das, was Sturm und Mittelfeld noch übrig lassen. „Joe und ich, wir kennen uns schon lange“, sagt Friedrich. „Ich weiß, wie er tickt, was er vorhat und wie er reagiert.“

Es ist nicht ohne Witz, dass Herthas Stabilität auf einer Innenverteidigung gründet, die Favre eigentlich gar nicht wollte. Er hat Steve von Bergen geholt und spielen lassen, dann hat er Kaka geholt und spielen lassen, am Ende aber ist Favre wieder bei Friedrich und Simunic angelangt. „Der Trainer hat relativ wenig Gründe, etwas zu ändern“, sagt Friedrich, „es gibt keinen Bedarf, die Verteidigung auseinanderzunehmen.“ Die Frage, welche Position denn die beste für Arne Friedrich ist, scheint nun abschließend beantwortet zu sein. Friedrich selbst hat immer wieder zu verstehen gegeben, dass er lieber in der Mitte spielt als rechts außen in der Viererkette, anders als in der Vergangenheit aber hält er sich inzwischen mit lauten Forderungen zurück. „Ich bin in der Innenverteidigung stärker, aber das ist meine subjektive Betrachtung“, sagt Friedrich. „Der Trainer ist das ausführende Organ.“

Die Positionsfrage wird bei der Verlängerung seines Vertrages anders als bei früheren Verhandlungen wohl keine Rolle spielen. Im Sommer endet Friedrichs Arbeitsverhältnis bei Hertha. „Wir wollen Arne halten“, sagt Manager Hoeneß. Bis Weihnachten möchte er die Angelegenheit abschließend geregelt wissen. Arne Friedrich ist in der Sache gelassen: „Wenn es eine oder zwei Wochen länger dauert, wird daran keiner zugrunde gehen.“

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