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Arsenal-Übernahme: Tradition hat einen hohen Preis

"In Usbekistan werden merkwürdige Geschäfte gemacht.“ Beim FC Arsenal gibt es Widerstand gegen die Übernahme durch den russischen Milliardär Usmanow - allen voran ist der Arsenal-Vorsitzende Peter Hill-Wood.

Am Sonntag hatte der FC Arsenal gegen den FC Sunderland viel Mühe. Ohne Jens Lehmann gewannen die Londoner 3:2 und verteidigten so die Tabellenspitze in der Premier League. Abseits des Platzes steht Arsenal weitaus mehr unter Druck: Der Klub kämpft gegen eine Übernahme durch den russischen Milliardär Alischer Usmanow. Der 53-Jährige hat diesen Sommer für umgerechnet 172 Millionen Euro 23 Prozent der Vereinsaktien gekauft und ist dadurch zum zweitgrößten Aktionär des Klubs aufgestiegen. In Nordlondon geht man davon aus, dass sich der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion mit Geschäften in Usbekistan reich gewordene Stahl- und Edelmetall-Magnat damit nicht zufrieden geben wird. Usmanow blieb zuletzt gezielt vage. So sagte er kürzlich: „Heute habe ich nicht die Absicht, die Kontrolle zu übernehmen, aber vielleicht nächstes Jahr oder in zehn Jahren.“

Der Arsenal-Vorsitzende Peter Hill-Wood, dessen Familie den Verein seit drei Generationen führt, ist bestürzt. „Ich möchte nicht, dass Usmanow der Eigentümer wird“, sagte Hill-Wood, „bei ihm sind viele Fragen offen. In Usbekistan werden merkwürdige Geschäfte gemacht.“ Usmanow saß in den Achtzigerjahren wegen Korruption und Erpressung für sechs Jahre im Gefängnis, wurde aber später begnadigt. Der Oligarch will schon seit langem ein Arsenal-Fan sein, doch um was es ihm wirklich geht, ist nicht schwer zu erraten: In der boomenden Premier League stellen die Londoner das derzeit interessanteste Spekulationsobjekt dar. Im September hat der von Arsène Wenger trainierte Klub Geschäftszahlen veröffentlicht, die ihn als weltweit umsatzstärksten Verein hinter Real Madrid ausweisen. Dank der deutlich gestiegenen Einnahmen aus dem neuen, 60 000 Zuschauer fassenden Emirates-Stadion setzten die Londoner vergangene Saison knapp 190 Millionen Euro um. Allein der neue Fernsehvertrag bringt den Londonern um die 75 Millionen Euro in die Kassen.

Bisher verzichtete der börsennotierte Klub auf die Ausschüttung einer Dividende. Der Vorstand, dessen Mitglieder zusammen 45 Prozent der Aktien halten, investierte die kleinen Gewinne zurück in den Verein. Usmanow möchte dies ändern – und pocht zudem auf unabhängige Vorstandsmitglieder, die sein Übernahmeangebot nüchterner betrachten. „Ihre Nervosität ist verständlich, aber übertrieben“, sagt Usmanow. Wenger sieht das anders. „Dem englischen Fußball droht die Gefahr, seine Seele zu verlieren“, sagte der Franzose vor einer Woche, „früher hatten wir Eigentümer, die Fans waren. Heute sind die Eigentümer Geschäftsmänner.“ Manchmal sind die Unterschiede jedoch nicht sehr deutlich. Es war schließlich der ehemalige Geschäftsführer David Dein, der den Machtkampf begonnen hat.

Dein sprach sich im Frühjahr für eine Übernahme durch den US-amerikanischen Investor Stan Kroenke aus, der zwölf Prozent der Anteile hält. Der Vorstand fühlte sich hintergangen, Dein musste seinen Posten räumen. „Wir brauchen Kroenkes Geld nicht und wollen solche Leute hier nicht“, sagte Hill-Wood. Dein verkaufte darauf seine eigenen 14,5 Prozent für 107 Millionen Euro an Usmanow und wurde von dem Russen zum Vorsitzenden der Holding-Gesellschaft bestellt, die den Klub übernehmen will. Dein möchte mit Hilfe der russischen Millionen die Kontrolle über den Klub zurück, doch der Vorstand bleibt hart. Dein gilt bei Arsenal als unerwünschte Person; Usmanow erwägt, ihn zu opfern, um mit den Machern doch noch ins Geschäft zu kommen.

Viel wird davon abhängen, wie sich Kroenke verhält. Arsenal sieht den Besitzer des amerikanischen Fußballvereins Colorado Rapids mittlerweile als potenziellen Verbündeten gegen den Russen. Usmanow setzt jedoch darauf, dass weder Kroenke noch die Vorstandsmitglieder seinen lukrativen Avancen dauerhaft widerstehen können. Sein Kalkül: In der Premier League hat jeder und alles seinen Preis. Auch die Tradition.

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