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Blaues Wunder. Im Juli dominierte Astana um den Italiener Vincenzo Nibali (in Gelb) die Tour de France. Nun droht der Erfolgsgeschichte ein jähes Ende.

© AFP

Astana-Radteam droht Sperre: Doping unterm Lackmantel

Das Astana-Radteam von Toursieger Vincenzo Nibali muss nach drei positiven Dopingproben um seine Existenz bangen. Kurios: Ausgerechnet der Doping-Fall eines Nachwuchsfahrer könnte die Lizenz kosten.

„Genug mit Doping“ steht auf dem Teambus von Astana. Der Spruch ist das Motto der „Bewegung für den sauberen Radsport“ (MPCC), der sich auch der kasachische Rennstall angeschlossen hat. Doch eine Fahrzeuglackierung scheint noch geduldiger als manches Papier, auf dem schöne ethische Prinzipien notiert sind. Dass ein tiefer Spalt zwischen Worten und Taten klaffen kann, zeigen die aktuell drei Dopingfälle bei Team Astana. Oft genug sind die zwei Brüder Maxim und Valentin Iglinski sowie ihr kasachischer Landsmann Ilja Dawidenok an dem „Genug mit Doping“-Aufkleber vorbeikommen. Beeinflusst hat er sie offenbar nicht. Die Iglinskis wurden mit Epo-Doping erwischt. Dawidenok fiel mit anabolen Steroiden auf.

Sein Dopingfall könnte nun der eine zu viel sein. Die beiden Epo-Befunde des Bruderpaars konnte Teammanager Alexander Winokurow noch recht gelassen hinnehmen. Er besaß gar die Chuzpe, die Dopingbeichte von Maxim Iglinski so lange hinauszuzögern, dass das Team noch an der prestigeträchtigen Lombardei-Rundfahrt und am Heimrennen, der Tour of Almaty, teilnehmen durfte. Dort gewann dann auch Lokalmatador Alexei Luzenko. Die Selbstsuspendierung, die die Regeln der MPCC im Falle von zwei Dopingfällen vorsehen, verschob sich daher auf die Peking-Rundfahrt. Diese Absage dürfte den Kasachen nicht schwergefallen sein. Das Rennen in China wird von den meisten Profiteams wegen der langen Anreise wenig geschätzt.

Der dritte Dopingfall könnte aber den Lizenzentzug zur Folge haben. Der 22-jährige Dawidenok ist zwar offiziell beim Farmteam von Astana in der dritten Kategorie unter Vertrag. Seit Sommer 2014 ist er jedoch offiziell Nachwuchsfahrer beim Pro-Tour-Team. Sein Spiel mit den Muskelmachern betrifft damit also auch den Rennstall, der im Juli mit seinem Kapitän Vincenzo Nibali die Tour gewann.

Blaues Wunder. Im Juli dominierte Astana um den Italiener Vincenzo Nibali (in Gelb) die Tour de France. Nun droht der Erfolgsgeschichte ein jähes Ende.
Blaues Wunder. Im Juli dominierte Astana um den Italiener Vincenzo Nibali (in Gelb) die Tour de France. Nun droht der Erfolgsgeschichte ein jähes Ende.

© AFP

Einen automatischen Lizenzverlust für die kommende Saison zieht das nicht nach sich. Die MPCC sieht in ihren Vereinbarungen keine spezifische Sanktion für den dritten Dopingfall vor. Auch der Weltverband UCI hat dafür keine expliziten Regeln. UCI-Präsident Brian Cookson kündigte aber immerhin Konsequenzen an. „Ich bin mir sicher, dass dies etwas ist, das die Lizenzkommission berücksichtigen wird, wenn sie ihre Lizenzen für 2015 festlegt“, erklärte er. Der Brite bestellte Winokurow zum Gespräch ein. „Wir werden diesmal auch über verhasste Dinge reden müssen“, sagte Winokurow im Gespräch mit kasachischen Medien.

Es ist schon kurios, dass Astana ausgerechnet über einen Nachwuchsfahrer stolpern könnte, der nur zur Probe bei den Großen dabei ist. Größere Relevanz hat der Fall Maxim Iglinskis. Der Routinier hat nicht nur Klassiker wie die Strade Bianche und Lüttich – Bastogne – Lüttich gewonnen. Er war auch viele Male Rundfahrtsieger-Helfer. So wie er in diesem Sommer Nibali unterstützte, so half er bereits 2007 Alberto Contador bei dessen Tour-Triumph. 2008 half er dem Spanier zudem beim Giro-Sieg. 2010 gehörte er zu den Gefährten Contadors, als der die Tour zunächst gewann, ihm die Trophäen aber wegen Clenbuterol-Doping wieder abgenommen wurden.

Wenn ein langjähriger Kämpe wie er nun ausgerechnet in einer Zeit erwischt wird, in der der Radsport nach den Beteuerungen vieler „sauberer“ geworden sei, dann lässt dies nichts Gutes für die Erfolge in den bekanntermaßen weniger sauberen Zeiten vermuten. Ein Exempel an Astana zu statuieren wäre eine konsequente Entscheidung. Die UCI steht jetzt vor einer Mutprobe und einem Beweis der Glaubwürdigkeit ihres neuen Kurses.

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