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Spirit statt Starpotenzial. Albas Neuzugang Zach Morley (rechts, hier gegen Göttingens Robert Kulawick) soll den Berlinern mit seinem mannschaftsdienlichen Spiel helfen, in der Euroleague zu bestehen. Foto: Imago

© imago sportfotodienst

Sport: Attacke mit Anschub

Die Europaliga-Wildcard ist für Albas Basketballer Chance und Bürde zugleich.

Berlin - In den vergangenen Wochen dürfte Marco Baldi oft mit trüben Gedanken in den Tag gestartet sein. Alba Berlins Geschäftsführer hatte verdauen müssen, dass sein Klub bereits im Play-off-Viertelfinale der Bundesliga gescheitert war. Am Donnerstag stieg Baldi nun mit deutlich besserer Laune aus dem Bett. „Natürlich wacht man am Tag nach so einer Nachricht mit einem Lächeln auf“, sagt Baldi. Die Nachricht, die der 50-Jährige meint, kam aus der Zentrale der Basketball-Euroleague in Barcelona. Ihr Inhalt: Alba erhält für die kommende Saison eine Wildcard und wird damit nach drei Jahren im unterklassigen Eurocup wieder im wichtigsten Europapokal antreten. „Wir werden dadurch keinen Quantensprung machen“, sagt Baldi. „Aber die Euroleague will jetzt natürlich, dass wir bereit sind, ein konkurrenzfähiges Team aufzustellen und zu attackieren.“

Am Montag war Baldi gemeinsam mit Aufsichtsratchef Axel Schweitzer nach Katalonien gereist, um sich für den letzten vakanten Platz im 24er Feld zu bewerben. Dieser war frei geworden, weil sich Khimki Moskau als russischer Vizemeister und Eurocup-Champion doppelt qualifiziert hatte. Und da bei der Euroleague – anders als beispielsweise bei der Champions League der Fußballer – auch Kriterien jenseits aktueller sportlicher Erfolge über die Teilnahme entscheiden, erhielten die Berliner den Zuschlag, Konkurrenten wie Valencia und Kasan gingen leer aus. Den Ausschlag für Alba gaben vor allen Dingen die solide Haushaltsführung des Klubs, die gut gefüllte und moderne Heimarena sowie die generelle Entwicklung des deutschen Basketballs. So hebt die Europaliga in ihrer Begründung für die Vergabe der Wildcard auch ausdrücklich die Zuschauerzahlen und das Marketing des achtmaligen Deutschen Meisters hervor. „Die Euroleague hat schon viel erlebt“, sagt Marco Baldi. „Da kamen schon Klubs rein, die mit Geld um sich geworfen haben, um dann wieder mehr oder weniger zu verschwinden.“ Insofern sei die Entscheidung auch nicht aus Sympathie für Alba gefallen, wie Ligachef Jordi Bertomeu betont habe, sondern danach, „was das Beste für die Liga ist“.

Die Finanzkrise geht eben auch an den Basketballklubs in Ländern wie Spanien oder Griechenland nicht spurlos vorbei. Die Bundesliga (BBL) hingegen kann einen stetigen wirtschaftlichen Aufschwung und wachsende Zuschauerzahlen verzeichnen. So wertete BBL-Geschäftsführer Jan Pommer Albas Wildcard als „weiteren Beleg dafür, dass die deutsche Liga international ein sehr hohes Ansehen genießt“. Insofern ist die Entscheidung der Euroleague nicht nur als Vertrauensbeweis für Alba zu verstehen, sondern auch als mittelfristige Investition in den deutschen Basketball-Markt.

Es liegt jetzt an den Berlinern, aus dieser Investition Kapital zu schlagen. Neben den Berlinern ist auch der Deutsche Meister aus Bamberg für die Euroleague qualifiziert, Vizemeister Ulm könnte über ein Qualifikationsturnier, bei dem Alba zuletzt drei Mal in Folge gescheitert war, als dritter deutscher Klub ins Hauptfeld einziehen. Noch nie war mehr als ein deutsches Team im wichtigsten Europapokal vertreten – die neue Situation könnte den Wettbewerb auch für Fernsehsender interessanter machen als bisher. „Das sind Dinge, die wir jetzt natürlich angehen“, sagt Baldi über mögliche Übertragungen.

Für die Berliner wird es nun darum gehen, ein Team aufzustellen, das zumindest um das Erreichen der Zwischenrunde mitspielen kann. Dafür muss Alba unter sechs Mannschaften in der Vorrundengruppe mindestens den vierten Platz erreichen. In Sachen Sponsoring sollte die Teilnahme an der nach der NBA zweitstärksten Basketballliga der Welt den Berlinern helfen, laut Baldi hat der Klub nun auch ein „zusätzliches Argument auf dem Spielermarkt“. Am Mittwoch hatte Alba bereits den US-Amerikaner Zach Morley verpflichtet. Der 29-Jährige kommt von Budivelnyk Kiew und bringt Eigenschaften mit, die sich Baldi für die kommende Saison wünscht. „Wir brauchen Spieler, die den richtigen Spirit haben und die Chance erkennen, die sich uns jetzt bietet“, sagt Baldi. „Wir können uns keine Topstars leisten, wir müssen mannschaftliche Dinge in die Waagschale werfen.“

Wenn am 6. Juli die Gruppen ausgelost werden, wird das Team des neuen Berliner Trainers Sasa Obradovic auch wissen, auf wen sie in der Vorrunde trifft, mindestens einer der ganz großen europäischen Klubs wie FC Barcelona, ZSKA Moskau, Panathinaikos Athen, Olympiakos Piräus oder Maccabi Tel Aviv wird dabei sein. „Wir machen uns nichts vor, das wird eine Riesenherausforderung“, sagt Marco Baldi.

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