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Sport: Auch die Rumpfmuskeln ziehen mit

Handball-Europameister Deutschland trainiert schon seit Wochen für ein großes Ziel: die Goldmedaille in Athen

Heiner Brand brachte die Sache schnell auf den Punkt. „Wir haben eine relativ anstrengende Zeit vor uns“, verkündete der Bundestrainer, als sich Deutschlands beste Handballprofis zum Start ihrer Olympiavorbereitung in ihrem Trainingsquartier in Köln-Junkersdorf versammelten. Seitdem sind fast vier Wochen vergangen. Und es ist klar: Brand hat nicht übertrieben. Die Handball-Nationalspieler schuften in diesen Tagen so hart wie nie zuvor. Sogar ein Routinier wie Daniel Stephan sieht ziemlich geschafft aus. Der 30-jährige Welthandballer des Jahres 1998 sagt: „Seit zehn Jahren habe ich nicht mehr dreimal am Tag trainiert. Am Anfang taten mir die Knochen ganz schön weh.“

Aber das lässt Heiner Brand natürlich nicht als Argument gelten. Für ihn ist die Sache klar: In Athen müsse die Mannschaft topfit sein, denn „dort treffen wir auf physisch bessere Mannschaften als bei der Europameisterschaft im vergangenen Januar“. Bei der EM in Slowenien triumphierten die deutschen Handballer – und ein Sieg ist auch ihr Ziel beim olympischen Handball-Turnier in Athen (14. bis 29. August). Es wäre die erste Goldmedaille für ein deutsches Team seit dem Olympiasieg der DDR 1980. Mit entsprechendem Ehrgeiz verfolgen die Sportler ihr Ziel.

Für eine optimale Vorbereitung auf die Kraft raubenden Spiele, die im griechischen Hochsommer bei extremer Hitze stattfinden werden, hat sich Brand mit Klaus Baum einen Experten an die Seite geholt. Der Sportwissenschaftler, den der Coach noch aus seiner Zeit beim VfL Gummersbach kennt, lehrt an der Sporthochschule Köln. Nebenbei gibt er sein Wissen im RTL-Frühstücksfernsehen zum Besten, und außerdem leitet er das Trainingsinstitut, an dem die Handballer ihre täglichen Einheiten absolvieren.

Und die sehen so aus: Nach Ausdauer- und Schnelligkeitstests werden die Spieler in drei Gruppen eingeteilt, die im täglichen Wechsel verschiedene Trainingsschwerpunkte setzen. Eine Gruppe übt sich in Ausdauer und Schnelligkeit, eine andere versucht, ihre Kraftwerte zu verbessern, und eine dritte trainiert Koordination und Stabilisation. „Wir machen wirklich sehr viele Sachen“, berichtet der 167-malige Nationalspieler Stephan. „Kraft, Koordination, Rad fahren, laufen, etwas Aerobic.“ Aber ein wirklich modernes Trainingsinstitut kann selbstverständlich auch mit schicken Geräten aufwarten.

So üben sich die Handballer an einer galaktisch anmutenden Kugel namens „Space Curl“, die in der Raumfahrt entwickelt wurde und dazu dienen soll, die Rumpfmuskulatur zu stärken. Da die Sportler in Athen aber nicht im Speerwurf siegen sollen, spielen sie alle zusammen auch einmal am Tag Handball. „Wir werden von Leuten angeleitet, die viel Erfahrung haben. Sie werden schon wissen, was gut ist“, meint Stephan und fügt hinzu: „Ich hoffe, dass die Fitness nachher auch entsprechend gut ist.“ Ein Problem lässt sich aber auch durch die modernsten Geräte nicht lösen: die chronische Überlastung der Handballer. Jährlich findet entweder eine Europameisterschaft oder eine Weltmeisterschaft statt – in diesem Jahr sind es mit der EM im Januar und Olympia im August sogar zwei große Turniere. „Wir Spieler haben schon oft gefordert, WM und EM jeweils nur alle vier Jahre auszutragen. Aber auf uns hört niemand“, sagt Stephan. Die Belastung sei extrem. Ende Mai ging die Bundesliga-Saison (in der es keine Winterpause gibt) zu Ende, nur dreieinhalb Wochen später begann die Vorbereitung auf Athen.

Am Samstag endet das Kölner Trainingslager. Nach Testspielen gegen Olympiasieger Russland am Sonntag in Bonn und am Montag in Minden geht es schon am 26. Juli weiter mit einem Trainingslehrgang in Schwerin. Kann es da nicht passieren, dass selbst der ehrgeizigste Sportler plötzlich keinen Handball mehr sehen mag? „Die Gefahr ist da, es kommt sehr auf den Trainer an und darauf, dass er Fingerspitzengefühl hat und im Training Spaß vermitteln kann“, sagt Stephan und weiß eines sicher: „Am besten für die Motivation sind Erfolge.“

Zum Beispiel eine olympische Goldmedaille.

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