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Sport: Auch ohne spektakuläre Aktionen hat sich Basketballprofi Michael Koch in Griechenland Respekt verschafft

Michael Koch muss eine Weile überlegen, dann fällt ihm doch noch einer ein: "Der Fragiskos Alvertis, der war damals auch schon da." Damals, als der deutsche Basketballprofi im August 1996 vom Meister Bayer Leverkusen zu Panathinaikos Athen wechselte.

Michael Koch muss eine Weile überlegen, dann fällt ihm doch noch einer ein: "Der Fragiskos Alvertis, der war damals auch schon da." Damals, als der deutsche Basketballprofi im August 1996 vom Meister Bayer Leverkusen zu Panathinaikos Athen wechselte. Und für den 33-Jährigen ist es die größte Auszeichnung, dass er nun schon im vierten Jahr beim 21-fachen Griechischen Meister unter Vertrag steht. Panathinaikos, das ist eine der Topadressen des europäischen Basketballs, das ist aber auch ein Klub, bei dem seit eh und je "hire and fire" zum System erhoben ist. Bleibt der Erfolg aus, sind auch bestehende Verträge kein Hindernis für Entlassungen. Das trifft Trainer ebenso wie Spieler. Die Fluktuation ist entsprechend groß. Koch jedoch ist - neben Alvertis - immer noch da. Und er wird auch morgen Abend im griechischen Team stehen, wenn Alba Berlin (20.30 Uhr/Max-Schmeling-Halle) in der Europaliga auf Panathinaikos trifft.

"Meine Art zu spielen, meine kämpferische Einstellung wird honoriert", antwortet Koch auf die Frage, warum man in Athen denn so auf ihn schwört. Der ehemalige Nationalspieler (140 Länderspiele) ist keiner, der durch spektakuläre Aktionen glänzt, er behauptet aber von sich, "immer 110 Prozent" zu geben. Und: "In meinem Alter sollte man abgebrüht genug sein, um zu erkennen, dass der Erfolg der Mannschaft viel wichtiger ist als die persönliche Statistik." Die Statistik des Abwehrspezialisten in der letzten Europaligasaison kann sich dennoch sehen lassen: 20,6 Minuten durchschnittliche Einsatzzeit, dabei sechs Punkte und zwei Assists. Seine Aufgabe ist es nicht unbedingt, Körbe zu erzielen. Die Kreise des gegnerischen Spielmachers entscheidend zu stören, wird von ihm eher verlangt.

Für zwei Jahre hatte er 1996 unterschrieben. Weiter hatte er auch nicht gedacht, "weil man im Sport ja nie weiß, was passiert". Wie es bei einem selbst sportlich läuft, wie das Verhältnis zum Trainer ist - oder ob man gesund bleibt. Gerade beim letzten Punkt weiß Koch, wovon er spricht. Im Herbst 1995 litt er monatelang unter dem Pfeifferschen Drüsenfieber. Da dachte er nur noch "von Blutabnahme zu Blutabnahme", in der Hoffnung, dass sich die Werte wieder verbessern. Er wurde wieder gesund, feierte anschließend mit Leverkusen die fünfte Meisterschaft hintereinander - und ging gen Hellas.

"Das Bosman-Urteil war für mich die Riesenchance, sonst hätte ich wohl nie die Möglichkeit gehabt, ins Ausland zu wechseln", sagt der in Lich geborene Koch. Die "letzte Chance" sei es mit 30 gewesen, wobei der finanzielle Aspekt auch nicht zu verachten sei. Nie könnte er in Deutschland so viel verdienen wie beim griechischen Spitzenklub, dessen Saisonetat auf gut 30 Millionen Mark geschätzt wird. Sportlich war Deutschland für ihn ausgereizt: "In der Bundesliga kannte ich jeden Spieler, jeden Trainer und fast jeden Zuschauer."

Aber das vermeintliche Basketball-Schlaraffenland Panathinaikos hat auch seine Schattenseiten. "Es muss jedes Spiel gewonnen werden. Man darf keines verlieren." Im Vergleich dazu sei der Leistungsdruck in Leverkusen der reine "Kindergeburtstag" gewesen. Soll heißen: alles nicht so wild. Bei Niederlagen (in dieser Saison ist Athen in Pflichtspielen jedoch noch unbesiegt) reagieren Verein und Medien gnadenlos. Koch interessieren die Zeitungsartikel nicht, er weiß aber, "dass da viel gelogen wird".

Kochs Motto: nur nicht verrückt machen lassen. Er genießt lieber mit seiner Frau und dem neunjährigen Sohn, der in eine deutsche Schule geht, die Ruhe im Haus im Norden Athens. Auch wenn erst kürzlich beim Erdbeben ein paar hundert Meter entfernt ein Haus in sich zusammenfiel und Waldbrände sich Jahr für Jahr bedrohlich nah heranfressen. "Das ist schon ein komisches Gefühl, aber unser Haus ist solide gebaut." Mindestens so solide wie Michael Koch jetzt im vierten Jahr seine Arbeit bei Panathinaikos Athen verrichtet.

Sebastian Arlt

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