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Sport: Auf Augenhöhe mit dem Größten

Von Karin Sturm Magny-Cours. Ausgerechnet diese Retortenstrecke ohne Flair im „Niemandsland“, wie sie Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher stets despektierlich nennt.

Von Karin Sturm

Magny-Cours. Ausgerechnet diese Retortenstrecke ohne Flair im „Niemandsland“, wie sie Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher stets despektierlich nennt. Ausgerechnet hier in Magny-Cours könnte er heute den größten Moment seiner Karriere erleben. Sollte er nämlich den Großen Preis von Frankreich gewinnen und einer seiner Verfolger, Rubens Barrichello oder Juan Pablo Montoya, bestenfalls Dritter werden, hätte Schumacher seinen fünften WM-Titel sicher. Die Chancen dafür stehen mit Startplatz zwei hinter Montoya nicht schlecht. Damit würde er den Rekord von Juan Manuel Fangio einstellen. Der legendäre, 1995 gestorbene Argentinier wurde zwischen 1951 und 1957 insgesamt fünfmal Weltmeister.

Rennsportgeschichte, ein historisches Ereignis, eine neue Dimension in der modernen Rennsportgeschichte – diese Schlagworte beherrschen im Vorfeld des Ereignisses die Schlagzeilen, von dem nur der Zeitpunkt des offiziellen Eintritts noch nicht feststeht, nicht die Tatsache an sich. Der Frage, wie er sich denn angesichts dieses Vergleichs fühle, kann Schumacher derzeit folglich nicht entgehen, auch wenn er sie alles andere als liebt. „Ich sehe nicht, dass mich dieser Titel nun auf eine Stufe mit Fangio stellen würde“, sagt er, „denn ich mag die ganzen Vergleiche nicht. Sie hinken immer, vor allem, wenn sie über so völlig verschiedene Epochen hinweg gezogen werden.“

Er habe Zweifel, ob er in jenen Zeiten überhaupt Rennfahrer geworden wäre, mit diesen Autos, die absolut überhaupt keine Sicherheit geboten hätten. „Ich bin ab und zu einen solchen Wagen gefahren, und ich habe allergrößten Respekt vor den Leistungen der Fahrer aus dieser Zeit. Ich glaube nicht, dass ich das damals so gekonnt hätte." Deshalb ist für ihn der Wert des fünften Titels auch ein ganz eigenständiger, unabhängig von allen Statistiken. „Es wäre zwar dumm und vermessen, zu sagen, sie seien überhaupt nicht wichtig, aber für mich haben sie nicht die höchste Priorität.“ Er werde sich über den Titel als solchen freuen, als Bestätigung dafür, dass alle gemeinsam wieder einmal wieder sehr gute Arbeit abgeliefert hätten. „Und ob es nun hier passiert oder woanders, das ist mir ehrlich gesagt nicht ganz so wichtig. Hauptsache, es passiert überhaupt."

Und genauso, wie Schumacher selbst keine Vergleiche mit dem großen Fangio will, gibt es auch andere, die sie sowieso nicht gelten lassen würden. Stirling Moss zum Beispiel, der selbst noch gegen Fangio fuhr. Weil für ihn auch andere als rein fahrerische Qualitäten zählen und er in dieser Hinsicht keine großen Parallelen sieht. „Schumacher ist nicht annähernd so gut wie Fangio, er kommt auch an Jim Clark oder Ayrton Senna nicht heran“, sagt der Engländer. „Ein Fangio machte keine Fehler, er war ein bescheidener Mann ohne Feinde. Nie hätte er mit schmutzigen Tricks gearbeitet."

Dieses Imageproblem wird Schumacher trotz aller Erfolge immer mit sich herumtragen. Nach einigen Vorfällen in der Vergangenheit, die von Tankaffären über angebliche verbotene technische Hilfsmittel und Rempler gegen Kollegen bis hin zum Teamorderskandal dieses Jahr reichen, ist das auch nicht ganz unverständlich. Wobei auch Fangio den Titel 1956 nur deshalb gewann, weil sein Teamkollege Peter Collins ihm im letzten Rennen aus freien Stücken sein Auto überließ, obwohl Collins selbst hätte Weltmeister werden können.

Doch das alles interessiert Schumacher nicht: „Ich will nur Rennen fahren.“ Doch die Kritik hat auch bei ihm Spuren hinterlassen. „Jeder Mensch will geliebt werden, auch ich“, gibt er zu. „Aber ich war nie in der Lage, mit anderen Fahrern gut auszukommen. Ich weiß nicht, warum. Es ist sehr schwierig, mich wirklich kennen zu lernen.“ Selbst seinem langjähriger Ferrari-Partner Eddie Irvine ist dies nicht gelungen. Schumacher sei so eindimensional, sagt der Nordire. „Ich verstehe nicht, woraus er die Freude zieht, einfach einen Titel an den anderen zu reihen.“

Und irgendwann kommt der Punkt, wie schon der dreimalige Weltmeister Jackie Stewart festgestellt hat, „wo es keinen Sinn mehr macht, Runde um Runde zu fahren und Trophäe um Trophäe zu kassieren. Aber was soll er sonst tun? Von Ferrari zu Minardi gehen und aus denen ein Weltmeisterteam machen? Er ist gut, aber so gut auch nicht."

Aber wie gut ist Schumacher denn nun wirklich im Vergleich zu den anderen ganz Großen? Tatsächlich beantworten lassen wird sich diese Frage nie, weil diese Fahrer völlig unterschiedliche Epochen repräsentierten. Und Schumachers derzeitige Gegner müssen ihn logischerweise auf ein verhältnismäßig niedriges Podest stellen. Schon um ihre eigene Position zu wahren. „Er ist ein sehr guter Fahrer, aber nicht unschlagbar“, sagt Juan Pablo Montoya. „Jeder behauptet, er sei ein Magier, fast außerirdisch. Aber das ist nicht nur eine Frage der Überlegenheit gegenüber den anderen Fahrern. Er hat im Moment auch ein sehr, sehr gutes Auto.“

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