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Sport: Auf dem Rasen der Tatsachen

Der SV Werder Bremen kommt im Nordderby über ein 1:1 beim Hamburger SV nicht hinaus

Von Karsten Doneck, dpa

Hamburg. Klaus Toppmöller hatte im Vorfeld keine Gelegenheit ausgelassen, den Gegner stark zu reden. „Die sind stabil, in sich gefestigt und nicht so schnell aus dem Gleichgewicht zu bringen“, sagte der Trainer des Hamburger SV. Manche Beobachter legten ihm diese Hymne an den Tabellenzweiten aus Bremen als psychologische Trickserei aus. Wer von der Gegenseite derlei Würdigung erfährt, wiegt sich vielleicht in Sicherheit. So mag Toppmöller ja tatsächlich gedacht haben. Nur: Werder Bremen bestätigte eigentlich seine Worte bis zum letzten Buchstaben. Dass sich beide Mannschaften am Ende vor 55 500 Zuschauern in der ausverkauften AOL-Arena von Hamburg 1:1 (0:1) trennten, schmeichelte eher dem gastgebenden HSV. „Es war ein sehr gutes Nordderby, es war richtig was los in der Bude, es gab gute Torraumaktionen“, fasste Thomas Schaaf, der Bremer Trainer, das Geschehen nach dem Schlusspfiff zusammen.

Vor allem in den ersten 45 Minuten der Partie wurden die Hamburger von der Angriffswelle des Gastes mächtig durchgeschüttelt. Werders 1:0-Führung, erzielt vom früheren Hamburger Fabian Ernst, war ein zu dürftiger Ausdruck der Bremer Überlegenheit. „Wir haben fantastisch losgelegt“, sagte Schaaf. „Wir waren verängstigt, sind da nie ins Spiel gekommen“, stellte dagegen Toppmöller fest. Nach 68 Sekunden hatten Ailton und Klasnic die ersten großen Chancen für Werder vergeben. Dem HSV fuhr der Schreck über Bremens Offensive in die Muskeln, Toppmöllers Mannschaft fand kaum noch den Weg über die Mittellinie. Die Bremer dagegen machten Druck, kombinierten, zauberten manchmal sogar ein bisschen – nur im Abschluss, da ließen die Gäste von der Weser echte Spitzenklasse vermissen. „Wir haben unsere Chancen nicht genutzt“, beklagte sich Schaaf.

Der Mangel an Kaltschnäuzigkeit schien sich bitter zu rächen. Nach dem Seitenwechsel änderte sich der Lauf der Dinge beträchtlich – genau genommen für fünf Minuten. Toppmöller hatte für den blass gebliebenen Wicky den frischen Christian Rahn gebracht. Den 23-Jährigen schienen die Bremer völlig zu ignorieren. Als der HSV nach der Pause innerhalb von drei Minuten drei hochkarätige Chancen herausarbeitete, war zweimal Rahn maßgeblich daran beteiligt. Und auch Werders Torwart Andreas Reinke schien mit Rahns Anwesenheit nichts anfangen zu können. Als Rahn am Strafraumeck zu einem Freistoß anlief, ließ Reinke die kurze Ecke frei. Rahn sah das, schoss genau dorthin, der Ball lag im Netz – Ausgleich. „Sehr gut getroffen, gut den Ball unten reingehauen, ein schönes Tor, aber ärgerlich für uns“, sagte Reinke. „Ein dolles Freistoßtor“, sagte Trainer Toppmöller. Bremens Coach Schaaf dagegen ärgerte sich: „Der Treffer darf nicht fallen.“ Rahn war danach gar nicht mehr zu bremsen, lieferte eines seiner besten Spiele für den HSV und sorgte so dafür, dass seine Elf fortan wenigstens halbwegs das Geschehen in der Waage hielt.

Fast hätte der HSV das Spiel noch gewonnen. Bei einem Kopfball von Barbarez rettete Stalteri auf der Linie. Eindeutig mit der Hand. Es gab jedoch keinen Elfmeter. Schiedsrichter Fandel sah keine Regelwidrigkeit. Es blieb beim 1:1, und Toppmöller freute sich nicht nur über den Punkt. Er sagte: „Mir fehlten sechs Stammspieler, wenn auch noch Barbarez oder Wicky die fünfte Gelbe Karte bekommen hätten, dann hätten wir zum Spiel nach Stuttgart mit zwei Pkw fahren können.“

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