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Sport: Auf der "boot" Düsseldorf trifft man auch Aussteller und Besucher aus Berlin und Brandenburg

Im VIP-Bad benetzt man die Hände in einem Waschbecken aus Echtgold. Aber Vorsicht, damit nichts auf die Fliesen aus Marmor kleckert.

Im VIP-Bad benetzt man die Hände in einem Waschbecken aus Echtgold. Aber Vorsicht, damit nichts auf die Fliesen aus Marmor kleckert. Obwohl: Wenn Hummer und Schampus den weißen Teppich beflecken, hat der Eigner sicher das nötige Kleingeld für einen Neuen. Teakholzbelag und integrierte Staubsaugeranlage, Bang-und-Olufsen-Musikturm sowie halogenbeleuchtete Wendeltreppe - nicht zu vergessen das Beiboot, mit dem man auch für die Spielwiese an Deck Nachschub von Land holen kann: Das bietet die 29-Meter-Motoryacht "Elegance 95 Dynasty" der Yachtagentur Drettmann demjenigen, der 8,25 Millionen Mark zur Hand hat.

Es sind nicht nur XXL-Megayachten wie diese, die noch bis Sonntag auf der "boot" in Düsseldorf zu sehen sind. Auf der größten Wassersportmesse der Welt präsentieren sich in 14 Hallen 1666 Anbieter aus 42 Ländern - darunter auch 60 Vertreter und mehrere tausend Besucher aus Berlin und Brandenburg. Peter Twelkmeyer von der Spandauer Marina Lanke fährt jedes Jahr nach Düsseldorf, er steht neben der Tourismus Marketing Brandenburg GmbH in Halle 4. Knapp die Hälfte seiner Charter-Kunden kommt "aus dem Großraum Rhein / Ruhr. Wir müssen einfach hier sein zum smalltalk und Hände schütteln." Aber vom 2. bis 6. Februar startet doch die Freizeitausstellung in den Berliner Messehallen mit Wassersport, Caravaning, Fahrrad, Golf und Trendsport? Die Berliner Schau verhalte sich zur Düsseldorfer Messe so wie ein Paddelboot zur "Dynasty"-Megayacht, meint Twelkmeyer. "In dieser Region sitzt das Geld, dagegen ist Berlin ein Armenhaus." Trotzdem halte er der Freizeitschau Berlin die Treue. Seit dem Mauerfall sei die "boot" Düsseldorf für die Viertelmillion Berliner Wassersportler interessanter geworden. "Sie brauchen ja nur noch vier Stunden mit dem Zug."

Martina und Jochen Baruske kamen mit dem Auto "aus dem Wasserbezirk Spandau" zur Messe an den Rhein. "Ein Haus wollen wir nicht, Kinder haben wir keine" - deswegen darf es jetzt ein Boot sein. Bei Preisschildern bis zu 300 000 Mark streift das Ehepaar die Schutzschlappen über. Die Spandauer sind von der "boot" überwältigt. "Wir bleiben zwei Tage hier. Gestern haben wir gerade mal zwei Hallen geschafft", sagt Martina Baruske. Die Mega-Kähne konnten sich die Berliner noch nicht ansehen. "Da muss man sich einen Termin geben lassen", sagt Ehemann Jochen, "und die Leute am Stand haben rhetorische Finessen drauf, um das gemeine Volk fern zu halten."

Nur gucken und nichts kaufen - diese Pappenheimer hat der Mann am Stand der Berliner Vertretung von "Pedro"-Boote in Halle 9 gern. Seitdem die frühere Internationale Bootsausstellung zu einer Freizeit-Mixmesse mutiert ist, "klettern einem jetzt auch noch Kinder mit Legosteinen und Flugzeugmodellen auf dem Boot herum". In den Düsseldorfer Hallen glänzen edle Boesch-Mahagoni-Boote, stockt der Besucherstrom an Maschinengewehr-Jetboat aus dem aktuellen James Bond, schütteln gut gebaute Männer mit sonnengebleichtem Schopf Surferidolen wie Robby Seeger und Robby Naish die Hand, zieht den Besucher schon am Eingang in der Aktionshalle 1 eine Lasershow mit Wummer-Bass in den Bann.

Ganz Düsseldorf sitzt in einem "boot": Es gibt eine eigene "boot"-Messezeitung, "boot"-Fan-Devotionalien, "boot"-Sondersendungen. So muss das sein, findet der Berliner "Pedro"-Vertreter, und macht seinem Ärger über die Organisation der Berliner Messegesellschaft Luft. "Die haben sich ihre Bootsschau selbst kaputt gemacht." Er wisse davon, dass Aussteller bei Vergabe und Miete von Flächen unterschiedlich behandelt worden seien. Fürs Auto müsse man einen Parkausweis kaufen, fände aber keinen vernünftigen Parkplatz. Zudem würde kaum Werbung für die Messe betrieben, stattdessen Eintrittskarten verschenkt. Auch nach dem Regierungsumzug sei das Kapital für große Schiffe nicht vorhanden: "Die Bonner sind doch noch gar nicht richtig da."

Ist vielleicht auch besser so. Diese Riesensegelyacht mit dem Understatement-Namen "Bagatelle" in Halle 14, über 30 Meter lang und so groß wie mehrere Häuser zusammen - die sieht so aus, als würde sie noch nicht einmal auf den Wannsee passen.

Annette Kögel

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