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Sport: Auf der Höhe

Stabhochspringer Danny Ecker wollte bereits seine Karriere beenden – nun ist er Deutscher Meister

Leszek Klima hatte sich vor dem Wettkampf sorgfältig den Sieger und den Zweiten notiert. „1. Danny Ecker, 2. Richard Spiegelburg“, stand auf seinem Zettel. Klima ist der Trainer des Stabhochspringers Ecker, er sah dessen Kraft- und andere Trainingswerte, er registrierte, „dass er ein Leistungsvermögen wie noch nie in seinem Leben hatte“. Ja, er war sich sicher, dass Danny Ecker von Bayer Leverkusen Deutscher Meister im Stabhochsprung werden würde. Als Ecker dann tatsächlich ganz oben auf dem Podest stand und ein Funktionär ihm eine goldene Medaille umhängte, beobachtete Klima die Szene aus der Ferne und nickte nur beiläufig.

Andere Beobachter waren nicht so abgeklärt. Schließlich war Eckers Titelgewinn keineswegs normal, auch wenn 5,70 Meter keine Weltklasse sind und die Schwächen der Konkurrenz dem Leverkusener entgegen kamen. Diese Beobachter kannten nicht Eckers Kraftwerte, aber sie kannten seine Vorgeschichte: Fußoperation, Rückenprobleme, zuletzt eine Schulteroperation. Den Stabhochspringer Danny Ecker gab es zwischen August 2002 und Juli 2003 nicht. Es gab nur den Patienten Ecker. „Ein Jahr lang habe ich keinen Stab angefasst“, sagt Ecker. Und davor trainierte er regelmäßig mit Schmerzen. Und natürlich stieß er auf die Sinnfrage. „Im vergangenen Jahr habe ich mir überlegt aufzuhören“, sagt Ecker.

Er hatte das damals in einem Interview gesagt. Es war einer der wenigen Momente, in denen er sich öffnete. Er platzte mit seinem ganzen Frust heraus. Klima erfuhr dadurch erstmals von den Plänen seines Athleten. „Ich glaube, nicht mal sein bester Freund hatte gewusst, dass er aufhören wollte“, sagt Klima. Er war überrascht, das schon, aber er nahm es nicht ernst. Klima wusste, wie viel Potenzial Ecker noch hatte, er ahnte, dass sein Athlet nicht so schnell aufgeben würde.

Ecker hatte nicht bloß technisches Potenzial. Er musste erst mal lernen, sich wie ein Profi zu verhalten. Obwohl er 2000 Deutscher Vizemeister wurde und 2002 vor seiner Verletzung Dritter der deutschen Meisterschaft. Ihm war es egal, dass er Stammgast bei McDonald’s war, ihn störte es auch nicht, vor Wettkämpfen auszugehen. Aber Klima hatte dann oft genug einen Athleten, „der nicht schnell genug regenerierte, er war dann mitunter zu platt fürs harte Training“. Jetzt sagt Ecker: „Ich ernähre mich bewusster.“ Er isst zum Beispiel morgens erst mal Obst, nach 20 Minuten Pause beginnt erst das richtige Frühstück.

Kleinigkeiten, die eher den Menschen als den Sportler Ecker formen. „Danny ist durch die Verletzungspause reifer geworden“, sagt Klima. „Er geht jetzt viel überlegter vor.“ Deshalb ist er auch mit einer Psychotherapeutin gescheitert. Klima hatte die Kontakte hergestellt, er wollte, dass Ecker mental stärker wird. Aber nach zwei Sitzungen brach Ecker das Projekt ab. „Ich habe gesehen, dass es mir nichts brachte“, sagt er.

Angst wäre so ein Thema für die Psychotherapie. „Ab 5,60 m ist Stabhochspringen Kampf gegen die Angst“, sagt Ecker. Und die Ängste werden noch größer, wenn einer nach einer langen Verletzungspause wieder einsteigt. „Wenn du die Angst nicht in Griff bekommst, musst du aufhören“, sagt er. Er will sie in den Griff bekommen, alleine. Aber er hat sie noch nicht im Griff. Auch wenn er in Lausanne 5,70 Meter hoch sprang. Er traut sich noch nicht, mit einem ganz harten Stab zu springen. Einen, mit dem er sechs Meter überqueren könnte. Er ist mal sechs Meter gesprungen, 2001 in der Halle, vor seiner schweren Verletzung. „Jetzt benützt er Stäbe, mit denen er 5,80 Meter springen kann, er tastet sich an die Höhen heran“, sagt Klima.

Es ist eine Frage des Selbstbewusstseins. „Rein körperlich ist Danny hervorragend drauf“, sagt Klima. Ecker hat konzentrierter als früher Krafttraining gemacht, die Fortschritte waren enorm. Als er dann 5,70 Meter sprang, wusste Klima „dass es nach oben geht“. Das muss es aber auch, sagt der Trainer. Er will ja mit Ecker bei den Olympischen Spielen in Athen einiges erreichen. 5,90 Meter, mit einem härteren Stab, kann Ecker in nächster Zeit springen, glaubt Klima. Mehr soll es erst mal nicht sein. „Wenn er morgen sechs Meter springen würde, wäre der Rausch so groß, dass er in ein Loch fiele.“ Es ist ja auch ganz gut, dass Ecker nicht als Favorit in Athen auftaucht, sagt Klima. „2000 ist er als Topfavorit nach Sydney gefahren, da sind wir dann böse auf die Nase gefallen.“ Mit 5,80 Meter landete er auf Platz acht, eine mittlere Blamage gemessen an den Ansprüchen.

Noch ist nicht klar, ob Klima auch vor Athen die Platzierungen des Stabhochsprungs notieren wird. Die bisherige Fehlerquote ist zu hoch. Ecker hat er richtig getippt. Bei Spiegelburg lag er daneben. Auf Klimas Zettel wurde er Zweiter. Im Wettkampf Sechster.

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