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Sport: Auf eigene Rechnung

Hertha BSC gibt Genussscheine aus und erhält dafür 25 Millionen Euro. Was bringt dieser ungewöhnliche Deal?

Berlin - Diese Tage sind für Hertha BSC von großer Bedeutung. Wie aus Vereinskreisen zu erfahren ist, soll so schnell wie möglich ein Vertrag unterschrieben werden, der den Berliner Fußball-Bundesligisten in eine neue wirtschaftliche Lage versetzt. Hertha gibt so genannte Genussscheine im Wert von 25 Millionen Euro aus. Der Investor ist die Berliner Aktiengesellschaft für Beteiligungen.

Mit dem Wirksamwerden des Vertrages zwischen der Hertha BSC Kommanditgesellschaft auf Aktien (Hertha BSC KG aA) und dem Investor würde sich die Finanzstruktur des Fußballvereins deutlich verändern. Der Verein würde das frische Geld als Eigenkapital behandeln. Im Prinzip sind Genussscheine dem normalen Fremdkapital, also auch Schulden, nachgelagert. Reines Eigenkapital stellen sie aber auch nicht dar. Sie gelten als eigenkapitalnahes Investment. In jedem Fall würde sich Herthas wirtschaftliche Situation entspannen.

Der Verein ist mit rund 46 Millionen Euro Schulden belastet. Das ist auch ein Ergebnis von Jahren eines fast schon verschwenderischen Umgangs mit zum Teil fremden Geld. Im Frühjahr des vergangenen Jahres war Hertha gezwungen, ein strenges Finanzierungskonzept aufzulegen. Hertha schloss im März 2006 einen Bankenvertrag mit drei deutschen Kreditinstituten ab. Nur so konnten damals kurzfristige Verbindlichkeiten, die die Solvenz des Vereins bedrohten, in langfristige umgewandelt werden. Den Preis, den Hertha dafür zu zahlen hatte, war kein geringer. Zwar konnte die Liquidität bis 2010 gesichert werden, aber das rigide Finanzkorsett ließ Hertha kaum noch wirtschaftliche Handlungsspielräume. Hertha benötigt aber finanzielle Mittel, um die sportliche Qualität des Spielerkaders zu erhöhen.

Für Fußballvereine ist es in Deutschland schwer, an neues Kapital zu kommen. Anders als etwa in England müssen deutsche Fußballvereine mehrheitlich im Eigentum des Vereins bleiben. So schreiben es die Statuten der Deutschen Fußball-Liga vor. Potenzielle Investoren werden daher abgeschreckt, weil sie trotz ihrer Aufwendungen kein Mitbestimmungsrecht haben. Ein Verein wie Hertha kann bei seiner Vorgeschichte nur durch die Teilnahme an der Champions League seine Einnahmesituation deutlich verbessern. Nur mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs gelingt es kaum noch, sich im oberen Drittel der Bundesliga zu etablieren. Mit der Ausgabe von Genussscheinen erhält der Verein neues, zusätzliches Kapital.

Ob der Verein damit Schulden tilgt, Gehälter bezahlt oder in Spieler investiert, ist allein seine unternehmerische Entscheidung. Eine Mitbestimmung hat sich der Investor mit den Genussscheinen nicht erworben. Die Hoheit bleibt allein bei Hertha. Lediglich bei der Ausgestaltung des Vertrages zur Zeichnung der Genussscheine wirkt der Investor mit. In aller Regel ist die Verzinsung des Kapitals an den wirtschaftlichen Gewinn des Vereins gekoppelt. Fallen keine Gewinne an, wird keine Rendite fällig. Die Höhe des Ertrages könnte aber auch an das sportlichen Abschneiden gekoppelt sein. Aber es gibt noch andere Entlohnungsmöglichkeiten. So könnte eine Prämie für das Erreichen etwa der Champions League oder eine andere punktabhängige Entlohnung vereinbart sein.

Für Hertha würden die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen insgesamt günstiger werden. Das Finanzierungskonzept aus dem März 2006 sah vor, die Schulden bis 2010 um etwa 15 Millionen Euro zurückzuführen. Geplant war eine Nettoreduktion der Verbindlichkeiten im Geschäftsjahr 2006/07 um 2,1 Millionen Euro, in 2007/08 um 4,9 Millionen, in 2008/09 um 5,8 Millionen und in 2009/2010 um 2,7 Millionen Euro. Dieser Prozess wird nun verkürzt. Denn Hertha beabsichtigt, sowohl Schulden zurückzuführen als auch in die Mannschaft investieren. Wie aus Vereinskreisen zu erfahren ist, wird dabei ein „moderater Mix“ angestrebt. Das könnte bei der Mitgliederversammlung am Montag, die durch die schwache Saison getrübt ist, zur Aufhellung beitragen.

Die Rückführung von Schulden würde die augenblicklich hohe Zinsbelastung deutlich senken. Der Etat für die jährlichen Personalkosten (derzeit 24 Millionen Euro) soll um vier bis fünf Millionen erhöht werden. Davon sind zwar keine Stars bezahlbar, aber es könnte die Wettbewerbsfähigkeit Herthas im Kampf um internationale Plätze stärken helfen.

Das laufende Geschäftsjahr, das am 30. Juni endet, wird Hertha BSC nach Tagesspiegel-Informationen mit einem Plus abschließen – ganz unabhängig von der Zeichnung von Genussscheinen. Das wäre nach Jahren der millionenschweren Verluste im operativen Geschäft eine erstaunliche Entwicklung. Dabei profitiert Hertha nicht unwesentlich vom neuen Fernsehvertrag für die Bundesliga, der dem Klub Nettomehreinnahmen von jährlich rund sechs Millionen Euro beschert. Bisher nahm Hertha aus dem Bereich TV rund 14 Millionen Euro ein.

Die Ausgabe von Genussscheinen ist für einen Fußballverein ein relativ wenig riskantes Investment. Für Hertha dürfte der Deal daher ein wichtiger Baustein für die mittel- bis langfristige Finanzplanung sein. Der Investor erwirbt keinen Einfluss auf die Vereinspolitik. Alles weitere hängt von der Ausgestaltung des Vertrages zwischen Hertha und dem Investor ab. Der wollte sich gestern nicht äußern.

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