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Sport: Auf einem Kindergeburtstag bei Familie Keller fing alles an

BERLIN .Wer auf einen Kindergeburtstag bei Familie Keller geht, der muß mit gewissen Konsequenzen rechnen.

BERLIN .Wer auf einen Kindergeburtstag bei Familie Keller geht, der muß mit gewissen Konsequenzen rechnen.Natürlich konnte die vierjährige Badri Latif dies nicht ahnen, als sie vor vielen Jahren von ihrer Kindergarten-Freundin Natascha Keller eingeladen worden war.Dort wurde unter anderem Fußball gespielt, und die kleine Badri war begeistert bei der Sache.Carsten Keller, Vater von Natascha und besser bekannt als Olympiasieger von 1972 und Oberhaupt einer wahren Hockey-Dynastie, sah sich die Sache eine Weile an und legte dem Kind schließlich nahe, es doch einmal mit Hockey zu versuchen.Seitdem sind die beiden Mädchen unzertrennlich, zusammen mit dem Berliner HC zehnmal Deutscher Meister in allen Altersklassen geworden, haben gemeinsam Abitur gemacht.Leistungskurse Mathematik und Sport.Und haben sich gemeinsam bis in die Nationalmannschaft vorgespielt.

Bei der letzten Weltmeisterschaft in Holland allerdings, wo das deutsche Team die Bronzemedaille gewann, war Badri Latif nicht dabei.Bundestrainer Berti Rauth mußte sich auf der Position der rechten Verteidigerin zwischen der Tochter eines Iraners und einer Berlinerin sowie Friedericke Barth (Club Raffelberg) entscheiden.Dabei schien Badri Latif ihre Position beinahe sicher zu haben.Im vergangenen Jahr bei der Champions Trophy in Berlin hatte die damals 19jährige mit dem starken Offensivdrang ein beachtliches Debüt gegeben, von allen Seiten Lob bekommen.

Doch im März machte ihr eine Verletzung zu schaffen; sie konnte die Reise der Nationalmannschaft nach Australien nicht mitmachen.Dort testete Rauth die Raffelbergerin, die ihre Chance nutzte."Er hat mir gesagt, daß ich spielerisch und läuferisch ins Team gehöre", erzählt die Berlinerin, "ihm ist aber meine Spielweise zu riskant." Die schlanke Badri neigt dazu, den Ball spielerisch aus der Verteidigung herauszubefördern.Bundestrainer Rauth bevorzugt dagegen weniger die technisch versierte, sondern die robuste, sichere Variante - mit viel Körpereinsatz und ohne Schnörkel nach vorn mit dem Ball.Badri Latif akzeptierte die Entscheidung, "Friedericke hat ein gutes Turnier gespielt".Aufgegeben hat sie sich deshalb nicht: "Die Olympischen Spiele in Sydney bleiben mein Ziel."

Deshalb war die Medizinstudentin auch sofort bereit, als der Bundestrainer der Juniorinnen, Heino Knuf, sie fragte, ob sie nicht bei der Juniorinnen-EM in Belfast im August dabeisein wolle.Dabei hat er durchblicken lassen, daß er Verständnis hätte, wenn sie einmal Abstand brauche.Aber zum einen hat Badri Latif den Titel 1996 schon einmal gewonnen, zum anderen ist diese Meisterschaft eine willkommene Gelegenheit zu zeigen, was sie kann.Daß dafür die Freizeit einmal mehr auf der Strecke bleibt - das ist nichts Neues nach 15 Jahren Hockey."Ich frage mich oft, warum ich das eigentlich mache", sagt die 20jährige, "das ist schon mit vielen Entbehrungen verbunden." Nur eine Woche Urlaub kann sie in diesem Jahr machen, warum also? Die etwas hilflose Antwort: "Ich glaube, es ist einfach Gewohnheit."

Auf Hockey etwa zu verzichten, kommt gleichwohl nicht in Frage.Früher spielte Badri Latif neben dem Hockey auch Blockflöte, gewann sogar einmal im Quartett den Landeswettbewerb bei "Jugend musiziert".Als jedoch die Musiklehrerin den Vorschlag machte, das Hockeyspielen sein zu lassen, weil sie dort doch nur ständig was auf die empfindlichen Finger bekomme, überlegte sie nicht lange: Die musikalische Karriere war ad acta gelegt.Nun erhofft sich BHC-Trainer Friedel Stupp von ihr, daß sie im Klub-Team mehr den Ton angibt.Die Mannschaft steckt mitten in einem Generationswechsel, an dessen Ende Badri Latif, so komisch das klingen mag, zu "den Älteren" gehören wird."Da ist sie mir noch ein bißchen zu brav", sagt Stupp.

DIETMAR WENCK

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