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Wen Hände ringen. Dirk Nowitzki (unten) versucht, den Wurf des türkischen Centers Enes Kanter zu blocken. Foto: dapd

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Sport: Auf ins Endspiel

Die deutschen Basketballer besiegen die Türkei 73:67 und kämpfen nun gegen Litauen ums EM-Viertelfinale

Alle Augen waren wieder einmal auf Dirk Nowitzki gerichtet. Gegen die Türkei waren nur noch 50 Sekunden zu spielen, die deutschen Basketballer lagen in Vilnius knapp mit 64:62 in Führung, der Star hatte den Ball. Doch anders als wie so oft bei dieser Basketball-EM fühlte sich Nowitzki nicht allein mit der Verantwortung. Als ein zweiter türkischer Spieler heranstürmte, passte der NBA-Profi den Ball weiter zu Heiko Schaffartzik, der ihn blitzschnell zu Steffen Hamann weiterleitete, der wiederum Philipp Schwethelm freistehend in der Ecke fand. Der 22-Jährige, der zuvor schon zwei Dreipunktewürfe getroffen hatte, fing den Ball und ließ ihn in einer fließenden Bewegung sofort in Richtung Korb fliegen. Auch dieser Dreier landete im Netz, die deutschen Bankspieler sprangen jubelnd auf. Sie mussten noch bis zum Ende zittern, dann stand aber ein hart erkämpfter und hochspannender 73:67 (23:26)-Sieg, der die Deutschen im EM-Turnier hält. „Es war ein Spiel, wie ich es persönlich liebe: Jeder Ballbesitz zählt“, sagte Schaffartzik. „Philipp Schwethelm war heute bei uns der X-Faktor: Er hat sich ein Herz gefasst und ein paar Dinger reingehauen.“

Der am Ende so glückliche Abend hatte für das Team von Bundestrainer Dirk Bauermann erschütternd schlecht begonnen. Im ersten Viertel gelangen den Deutschen klägliche sechs Punkte. Als Bauermann seine erste Auszeit nahm, versammelte er seine Spieler nicht wie sonst für eine taktische Ansprache auf der Bank, sondern brüllte sie noch auf dem Feld stehend zusammen. Auch Nowitzki wirkte frustriert, der 33-Jährige hatte zunächst versucht, seine Mitspieler in Szene zu setzen. Als er dann selbst im Angriff die Initiative übernahm, wollten seine Würfe einfach nicht in den Korb fallen. Der einzige Trost war, dass auch die Türken in der Offensive wirklich nicht glänzten und zudem insgesamt zwölf Freiwürfe vergaben. „Ich habe meinen Spielern gesagt: Solange wir im Spiel bleiben, werden wir gewinnen“, erklärte Bauermann hinterher. „Wir haben heute drei Viertel richtig gut gespielt – das erste kann man getrost vergessen.“ Zur Halbzeitpause war der Rückstand von drei Punkten angesichts der miserablen Trefferquote noch als Erfolg zu werten.

Kurz nach der Pause beging Nowitzki sein viertes Foul, für ihn schickte Bauermann den schon aussortiert scheinenden Jan Jagla aufs Feld. Auch ohne den Nowitzki verteidigten die Deutschen weiter gut – und fingen jetzt auch an, besser zu treffen. „Es war heute sehr wichtig, dass wir ohne Dirk nicht zusammengebrochen sind, sondern dass sich jeder gesteigert hat“, sagte Bauermann. Besonders Schwethelm, der am Ende hinter Nowitzki (19) und Chris Kaman (20) mit 14 Punkten drittbester deutscher Werfer war, zögerte keinen Augenblick wenn er den Ball bekam. „Ich wusste vor dem Spiel: Jetzt ist die Zeit, um loszulegen“, sagte Schwethelm. Eine Niederlage hätte für die Deutschen das Aus in der Zwischenrunde bedeutet. Dank Schwethelms Treffsicherheit konnten die deutschen Spieler auch verkraften, dass sie in der packenden Schlussphase den gegnerischen Center Ömer Asik völlig aus den Augen verloren und die Türken von 52:61 noch einmal auf 66:67 herankamen, ehe Hamann und Nowitzki das Spiel an der Freiwurflinie mit starken Nerven entschieden.

Wie viel der Sieg wert ist, wird sich erst am Sonntag zeigen. Da Litauen am Abend 67:73 gegen Frankreich verlor, richtet sich nun der Blick auf die Partie der Türkei gegen Serbien. Wenn die Türken gewinnen, reicht den Deutschen ein einfacher Sieg gegen den Gastgeber, andernfalls kämen sie nur bei einem Erfolg mit elf Punkten Vorsprung ins Viertelfinale. Gestern allerdings wollte sich niemand im deutschen Team mit Rechenspielen beschäftigen, so oder so muss das Spiel gegen Litauen schließlich gewonnen werden. „Wir freuen uns riesig auf das Spiel, dann sind endlich mal ein paar Zuschauer in der Halle“, sagte Schaffartzik über die Partie vor 12 000 litauischen Fans. Spielerische Besserung konnte der Berliner Aufbauspieler aber nicht versprechen: „Wenn du Basketball-Ästhetik willst, darfst du dir nicht die Deutschen anschauen.“

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